Griechenland vor Regierungsumbildung Rätselraten in Athen - wer geht, wer bleibt?
Nach der Ankündigung von Ministerpräsident Papandreou, sein Kabinett umzubilden, wartet nun ganz Griechenland darauf, wer künftig welchen Ministerposten bekleiden wird. Dies soll nun am Morgen gegen acht Uhr erfolgen. Auch die angekündigte Vertrauensfrage will er offenbar nun erst in der kommenden Woche stellen. Aus Widerstand gegen das strikte Sparpaket verliert Papandreou in den eigenen Reihen immer mehr an Rückhalt. Ein weiterer sozialistischer Abgeordneter, Giorgos Floridis, legte sein Mandat nieder.
Von Steffen Wurzel, ARD-Hörfunkstudio Istanbul
Welche Minister gehen müssen, ist bisher nicht bekannt. Und wen sich Ministerpräsident Giorgios Papandreou neu ins Kabinett holt, ist ebenfalls noch unklar. Großes Rätselraten also. Fest steht nur: Der Regierungschef will seinem Kabinett ein Facelifting verpassen.
Am Abend, nach ergebnislosen Verhandlungen mit der konservativen Opposition über die Bildung einer großen Koalition, hörte sich das im Staatsfernsehen so an: "Die Konservativen haben öffentlich Bedingungen gestellt, die ich nicht akzeptieren kann. Ich werde also weitermachen mit dem gleichen Kurs. Morgen werde ich eine neue Regierung bilden, dem Parlament werde ich außerdem die Vertrauensfrage stellen."
Kein Verständnis für Politik-Gepoker
Die griechischen Zeitungskommentatoren zeigten am Donnerstag kein Verständnis für das gestrige Politik-Gepoker. Die eigentlich regierungsnahe Zeitung "Ta Nea" beschreibt frustriert die beiden Erkenntnisse, die vom gestrigen Tag blieben. Erstens: Die Hoffnung auf eine parteiübergreifende Zusammenarbeit zur Lösung der Krise sei geplatzt - wegen der Unfähigkeit der Politik. Und zweitens hätten es die Randalierer und Steinewerfer in Athen wieder einmal geschafft, die friedliche Demo in eine Hölle zu verwandeln.
Die konservative Zeitung "Kathimerini" stellt fest: "Die Parteichefs haben es nicht geschafft, über ihre Schatten zu springen." Und weiter spricht die Zeitung das aus, was viele Griechen heute fühlen: "Das Land braucht dringend eine starke Regierung. Jedes Zögern bringt uns näher in Richtung Bankrott."
Disput zwischen Papandreou und Samaras
Fragt man die Griechen, wer die Schuld an dem politischen Dilemma trägt, hört man vor allem den Namen Antonis Samaras. Der Chef der Konservativen war es gestern, der in mehreren Gesprächen mit Regierungschef Papandreou darauf bestand, die vor einem Jahr getroffenen Vereinbarungen mit den internationalen Kreditgebern komplett zu streichen und neu zu verhandeln. Nur dann werde er in eine "Regierung der nationalen Einheit" eintreten, sagte Samaras.
Papandreou ließ sich allerdings nicht darauf ein. Und so sagte der schmollende Oppositionschef: "Herr Papandreou hat seine Entscheidung getroffen. Das Volk soll das bewerten. Die Regierungsumbildung wird an den Posten und der Machtbalance etwas ändern. Für das Volk wird die Regierungspolitik leider die gleiche bleiben."
Auf den Straßen Athens ist in der Nacht Ruhe eingekehrt. Nach den teils gewaltsamen Protesten am Mittwochnachmittag wird nun aufgeräumt. Die Bilanz der Krawalle: 60 Leichtverletzte, darunter viele Polizisten.