Geteiltes Echo auf Griechenland-Wahl Brüssel mahnt und lockt
Steht Griechenland auch nach der Wahl zu seinen Zusagen gegenüber den Geldgebern? Das ist die Frage, die Brüssel bewegt. Die Konservativen im EU-Parlament fordern von Athen die Einhaltung der Verträge. Die Sozialisten schlagen bereits Kompromisse vor, mit denen beide Seiten das Gesicht wahren könnten.
Schluss mit dem harten Sparkurs. Weg mit der Troika. Griechenland sollen die Schulden erlassen werden. So lauteten die Wahlkampf-Parolen von Alexis Tsipras, dem Chef der linken Partei Syriza.
Die Parlamentswahl ist gewonnen, nun beginnt die politische Arbeit. Hier sieht der SPD-Europaabgeordnete Udo Bullmann eine Chance für einen Neuanfang zwischen Griechenland und der EU. "In der Tat ist bei den Programmen, die die Troika über Griechenland verhängt hat, die soziale Schieflage enorm gewesen. Und die Menschen erwarten jetzt eine bessere soziale Balance", sagt der SPD-Politiker.
Eine Balance muss auch die neue griechische Regierung finden. Denn sie darf die griechischen Wähler nicht enttäuschen, aber auch die EU und die internationalen Geldgeber nicht vor den Kopf stoßen.
Konservative betonen, Europa dürfe nicht nachgeben
Der CDU-Europaabgeordnete Herbert Reul ist der Ansicht, Wahlsieger Tsipras könne es sich nicht leisten, den Sparkurs aufzugeben. "Woher will er das Geld denn nehmen?", fragt Reul. "Also ich glaube, das ist ein flotter Spruch, aber der geht nicht." Die Europäer könnten, nach dem was abgesprochen wurde, jetzt nicht nachgeben, indem sie beispielsweise zusätzliche Mittel zu Verfügung stellen.
Griechenland hat in den vergangenen Jahren etwa 240 Milliarden Euro von der EU, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfonds bekommen. In gut einem Monat laufen die Finanzhilfen aus. Und dann?
"Wenn Tsipras den Sparkurs aufgibt und dabei auf die Hilfe der internationalen Geldgeber angewiesen ist, dann wird es ganz klar sein, dass er dafür die Gelder nicht bekommt", betont der CSU-Abgeordnete in Brüssel, Markus Ferber. "Und dann wird er sehr schnell überlegen müssen, ob dieser Kurs auch durchhaltbar ist, den er versprochen hat."
Doch es geht nicht nur ums Sparen oder Geld ausgeben, sondern auch um die Schulden, die die Wahlsieger nicht zurückzahlen wollen. Es zeige sich, dass die Partei Syriza noch keine Regierungserfahrung hat, sagte der Ökonom Jens Bastian dem WDR. Bis 2013 hat Bastian im Griechenland-Krisenstab für der EU-Kommission mitgearbeitet.
"Syriza hat eine große strategische Lücke darin, einer Öffentlichkeit, nicht nur in Griechenland, sondern auch in Deutschland zu erklären, wie bestimmte Forderungen, zum Beispiel nach einem Schuldenschnitt, ohne Unterstützung europäischer Partner umgesetzt werden", erläutert Bastian.
Niedrigere Zinsen, längere Laufzeiten?
Und doch zeichnen sich erste Kompromisslinien ab, die es Griechenland und der EU vielleicht ermöglichen, miteinander zu arbeiten und die Gesichter zu wahren. Die EU habe Möglichkeiten, Griechenland entgegen zu kommen, sagt der SPD-Europaabgeordnete Bullmann. "Wenn ich richtig sehe, zahlen die Griechen immer noch weit über drei Prozent Zinsen auf das, was sie erhalten haben. Vielleicht kann man daran etwas machen", meint Bullmann. Vielleicht könne man auch an den Laufzeiten arbeiten. Das alles seien Möglichkeiten, den Griechen entgegen zu kommen, "wenn sie umgekehrt auch Druck auf die richtigen innerstaatlichen Reformen ausüben."
Doch die EU sollte auch schlau entscheiden, wie weit sie den Griechen entgegenkommt. Denn andere Krisenländer wie Spanien, Italien und Frankreich würden das sehr fein beobachten, meint der CDU-Europaabgeordnete Reul. "Da wittern doch einige möglicherweise jetzt Morgenluft. Dass die Griechen etwas erkämpfen, was sie dann selber auch für sich zum Vorteil haben."