Gazastreifen Israel erlaubt zwei Tanklaster pro Tag
Seit Israel den Gazastreifen als Reaktion auf den Hamas-Angriff abgeriegelt hat, mangelt es dort an Treibstoff - mit verheerenden Folgen etwa für die Versorgung von Kliniken. Nun hat Israel eingewilligt, pro Tag zwei Tanklaster in das Gebiet zu lassen.
Die israelische Regierung will für humanitäre Zwecke die Einfuhr von Diesel mit zwei Tanklastwagen pro Tag in den Gazastreifen gestatten. Das Kriegskabinett habe einer entsprechenden Empfehlung des Militärs sowie des Inlandsgeheimdiensts zugestimmt, bestätigte ein hochrangiger israelischer Vertreter der Nachrichtenagentur dpa.
Die Nachrichtenagentur Reuters meldet unter Berufung auf Regierungskreise, die Entscheidung sei auf Bitten Washingtons erfolgt.
Die Laster sollen über den Grenzübergang Rafah in den Küstenstreifen fahren. Der Diesel soll demnach die Stromversorgung für die Wasser- und Abwasserinfrastruktur garantieren - auch, um den Ausbruch von Epidemien zu verhindern.
Vor zwei Tagen war erstmals seit Wochen ein mit Treibstoff befüllter Tankwagen von Ägypten in den Gazastreifen eingefahren. Laut dem Hilfswerk für Palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) handelte es sich jedoch lediglich um einen halbgefüllten Tanklastwagen - und damit nur neun Prozent dessen, was die UN-Organisation täglich für ihre lebensrettenden Aktivitäten brauche.
Vor dem Krieg fuhren UN-Angaben zufolge täglich etwa 45 Tanklastwagen für kommerzielle und humanitäre Zwecke in das Küstengebiet.
Kritik von rechtsextremen Regierungsmitgliedern
Innerhalb der israelischen Koalition ist der Schritt umstritten. Der rechtsextreme Finanzminister Bezalel Smotrich erklärte auf der Plattform X (früher Twitter), die Entscheidung sei illegal. Er forderte eine Umbesetzung des Kriegskabinetts, das den Beschluss zu den Treibstofflieferungen getroffen hatte. Smotrich verlangte zugleich, dass alle Parteien der Regierung - es ist die am weitesten rechts stehende in der Geschichte Israels - vertreten sein sollten.
Auch Israels rechtsextremer Polizeiminister Itamar Ben-Gvir kritisierte den Beschluss. Israel mache dem Feind "humanitäre Geschenke", sagte er mit Blick auf die militant-islamistische Hamas.
UNRWA: Hilfe für Menschen bricht ohne Sprit zusammen
Die UNRWA hatte zuvor gewarnt, dass die humanitäre Unterstützung für die Menschen im Gazastreifen wegen des Spritmangels zusammenbrechen wird. Eine UNRWA-Sprecherin sagte, das Hilfswerk habe deswegen mit seiner Fahrzeugflotte in den vergangenen Tagen keine Hilfsgüter mehr annehmen können. Zudem erschwere ein Zusammenbruch der Kommunikationsnetze im Gazastreifen die Koordination.
Wegen der katastrophalen Zustände in den Klinken im Gazastreifen hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) tägliche Evakuierungen von Patienten nach Ägypten gefordert. Der Leiter des WHO-Büros in den Palästinensergebieten, Richard Peeperkorn, rief zu einem Mechanismus auf, um die Evakuierung der dringendsten Fälle zu erleichtern. Seinen Angaben zufolge müssten jeden Tag 50 bis 60 Patienten nach Ägypten gebracht werden.
In einer Mitteilung rief die WHO zu "täglichen, ungehinderten und sicheren medizinischen Evakuierungen von schwer verletzten und kranken Patienten nach Ägypten" auf. Demnach sind 47 von 72 medizinischen Grundversorgungszentren im Gazastreifen außer Betrieb. 25 von 36 Krankenhäuser seien nicht betriebsfähig, die restlichen würden nur unter Schwierigkeiten arbeiten.
Welternährungsprogramm warnt vor Hungersnot
Die Direktorin des Welternährungsprogramms der Vereinten Nationen (WFP), Cindy McCain, erklärte, eine Versorgung mit Nahrungsmitteln und Wasser gebe es in Gaza praktisch nicht. Nur ein Bruchteil dessen, was benötigt werde, gelange über die Grenzen in das Gebiet. Da der Winter schnell näher rücke, die Notunterkünfte unsicher und überfüllt seien und es an sauberem Wasser mangele, sei die Zivilbevölkerung unmittelbar von Hunger bedroht.
Unterdessen rief Israels Armee erneut Bewohner in mehreren Stadtvierteln zur Evakuierung auf. Zudem kündigte ein Sprecher auf der Plattform X im Süden des Gazastreifens für mehrere Stunden eine "taktische Pause" westlich der Stadt Rafah für "humanitäre Zwecke" an. In der Gegend liegt auch der Grenzübergang nach Ägypten.
Graue Flächen: Bebaute Flächen im Gazastreifen
Israel ruft die Zivilbevölkerung in der Stadt Gaza und im Norden seit Wochen dazu auf, sich in den Süden des abgeriegelten Küstenstreifens zu begeben. Doch auch im südlichen Teil des Gazastreifens kam es mehrfach zu israelischen Luftangriffen. Nach Darstellung der Armee soll es sich dabei ausschließlich um gezielte Attacken auf Mitglieder der militant-islamistischen Terrormiliz Hamas handeln. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen.