Internationale Gemeinschaft reagiert auf Libyen-Krise UN-Sicherheitsrat berät über Sanktionen
Der UN-Sicherheitsrat befasst sich zur Stunde mit Sanktionen gegen das libysche Regime. UN-Kreisen zufolge will das Gremium noch heute Nacht über eine Resolution abstimmen. Gestern hatte Libyens UN-Botschafter unter Tränen dazu aufgerufen, das Blutvergießen zu stoppen.
Von Claudia Sarre, NDR-Hörfunkstudio New York
Gefühlsausbrüche und Tränen erlebt man selten im höchsten Gremium der Vereinten Nationen. Bei einer Krisensitzung des Weltsicherheitsrats sagte sich der libysche UN-Botschafter Abdulraman Shalgham erstmals öffentlich von Staatschef Muammar al Gaddafi los. Bis dahin galt der libysche Diplomat als enger Vertrauter und treuer Anhänger der Regierung in Tripolis. Eindringlich appellierte er an die Weltgemeinschaft, Entscheidungen zu treffen, damit das Blutvergießen in seinem Land aufhöre.
"Das Töten kann nicht weitergehen"
Vor der Presse betonte er, dass er nicht mehr für Gaddafi spreche, sondern nur noch für das libysche Volk. Dabei machte er deutlich, dass die Strafmaßnahmen nur Gaddafi und seinem Clan gelten sollten. "Das Töten kann nicht weitergehen. Man kann nicht Führer, König oder Präsident sein und gleichzeitig sein Volk töten. Es ist kein Verbrechen zu sagen, dass man frei sein möchte", sagte der Libyer aufgewühlt.
Tränen und Umarmungen
In Anschluss an seinen flammenden Hilferuf kam es im Sicherheitsrat zu ungewöhnlich rührenden Gesten und herzlichen Umarmungen. Vor allem seine Kollegen aus den arabischen und afrikanischen Staaten beglückwünschten Shalgham zu seiner Rede. Seinem Stellvertreter Ibrahim Dabbaschi liefen die Tränen übers Gesicht. Der UN-Vizebotschafter hatte sich schon Anfang der Woche vehement gegen die Gewalt in Libyen ausgesprochen und Gaddafi als "Verrückten" bezeichnet.
UN-Generalsekretär Ban Ki Moon sprach von einem wahrhaft historischen Moment. Zuvor hatte Ban an den Sicherheitsrat appelliert, mit harten Sanktionen gegen die libysche Führung vorzugehen. Die Gewalt müsse aufhören. Diejenigen, die für das Blutvergießen verantwortlich seien, müssten bestraft werden. "Menschenrechte müssen respektiert werden", fügte Ban hinzu.
Resolutionsentwurf: Gaddafis Waffen und Geld stoppen
Der UN-Resolutionsentwurf sieht ein Waffenembargo gegen Libyen, ein Reiseverbot für Gaddafi sowie das Einfrieren seiner Konten vor. Außerdem soll der Internationale Strafgerichtshof die Gewalt in Libyen überprüfen. Im Sicherheitsrat sei man sich einig, dass man schnell handeln müsse, sagte der deutsche UN-Botschafter Peter Wittig. "Entscheidend ist, dass jetzt umgehend die Gewalt vor Ort in Libyen gestoppt wird."
Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats
Weltsicherheitsrat ist zu einer Sondersitzung zusammenkommen, um die Resolution möglichst schnell zu verabschieden. Die EU und die USA haben bereits Sanktionen gegen Gaddafi und sein Regime angekündigt.