Vorgezogene Parlamentswahl Großes Interesse an Stichwahl in Frankreich
Vielen Franzosen scheint die Brisanz der Parlamentswahl klar zu sein: Drei Stunden vor Schließung der Wahllokale haben sich bereits 60 Prozent der Wahlberechtigten beteiligt. Mit Spannung wird erwartet, wie stark die extremen Rechten abschneiden.
Bei der zweiten Runde der Parlamentswahl in Frankreich zeichnet sich eine hohe Wahlbeteiligung ab. Drei Stunden vor Schließung der Wahllokale lag sie bereits bei rund 60 Prozent und damit noch einmal minimal höher als bei der ersten Wahlrunde vor einer Woche.
Bis zum Mittag hatten laut offiziellen Angaben gut 26,6 Prozent der Berechtigten ihre Stimme abgegeben. Dies ist die höchste Beteiligung zu diesem Zeitpunkt seit 1981. In der ersten Runde vor einer Woche hatten um 12 Uhr 25,9 Prozent gewählt. Bei der letzten regulären Parlamentswahl 2022 hatte die Wahlbeteiligung am Mittag nur bei 18,99 Prozent gelegen.
Mit Spannung wird erwartet, wie stark der rechtsradikale Rassemblement National (RN) am Ende abschneiden wird. Die Partei um Marine Le Pen war bereits in der ersten Runde stärkste Kraft geworden. Ob der RN die absolute Mehrheit erreichen wird, ist jedoch ungewiss. Mit ersten Hochrechnungen wird gegen 20 Uhr gerechnet. Dann schließen auch die letzten Wahllokale.
RN-Chef Bardella könnte Regierungschef werden
Sollte der RN keine absolute Mehrheit bekommen, dürften sich in der Nationalversammlung drei Blöcke bilden, welche die Regierung lähmen und das Land in eine politische Krise stürzen könnten.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte die Neuwahl nach dem Triumph des RN bei der Europawahl am 9. Juni ausgerufen. Im Fall einer absoluten Mehrheit der extremen Rechten im Parlament nach der heutigen Wahl könnte er gezwungen sein, den RN-Vorsitzenden Jordan Bardella zum Regierungschef zu ernennen.
Nach der ersten Runde am 30. Juni standen 76 Mandate fest. In den verbleibenden 501 Wahlkreise sind die Menschen nun aufgerufen, ihre Stimme abzugeben. Alle Kandidaten, die in der ersten Runde die Stimmen von mindestens 12,5 Prozent der eingeschriebenen Wähler bekommen haben, dürfen an der Stichwahl teilnehmen.
RN in erster Runde klar vorn
Der RN und seine Verbündeten hatten in der ersten Wahlrunde 33 Prozent der Stimmen geholt. Das links-grüne Wahlbündnis Neue Volksfront lag mit 28 Prozent auf dem zweiten Platz, gefolgt vom Regierungslager mit rund 20 Prozent. Die letzten Umfragen deuteten daraufhin, dass sich der Abstand zwischen den drei Blöcken verringern könnte.
Durch den taktischen Rückzug von mehr als 200 Kandidaten der Neuen Volksfront und aus dem Regierungslager nach der ersten Wahlrunde ist die absolute Mehrheit für den RN etwas weniger wahrscheinlich geworden. Es ist allerdings nicht abzuschätzen, wie viele Wähler tatsächlich den Wahlempfehlungen der Kandidaten folgen, die sich zurückgezogen haben, um RN-Kandidaten auszubremsen.
Zahl der gewonnenen Wahlkreise entscheidend
Auch die Höhe der Wahlbeteiligung und die Zahl der ungültigen Stimmen sind entscheidend. In der ersten Runde vor einer Woche lag die Wahlbeteiligung bei 66,7 Prozent. Entscheidend für das Wahlergebnis ist nicht der Anteil an den Gesamtstimmen, sondern die Zahl der gewonnenen Wahlkreise. Für eine absolute Mehrheit sind 289 von 577 Sitzen notwendig.
Bereits am Samstag hatten die Franzosen in den französischen Überseegebieten Saint-Pierre und Miquelon vor der Ostküste Kanadas ihre Stimme abgegeben. Auch in den Karibikgebieten Saint-Barthélemy, Saint-Martin, Guadeloupe, Martinique und Guyana sowie in Französisch-Polynesien wurde schon am Samstag gewählt.