Guide Michelin Sterne für das beste geschlossene Restaurant
Die Branche sei standhaft wie der Eiffelturm, lobt der Guide-Michelin-Chef die französischen Gastronomen, und vergab genau dort neue Sterne für 2021 - obwohl die Restaurants im Land derzeit geschlossen sind.
Gwendal Poullennec verleiht die Sterne erst zum zweiten Mal als internationaler Guide-Michelin-Chef, trotzdem eilt ihm sein Ruf voraus: Nichts ist ihm heilig. So verlor letztes Jahr das Restaurant von Paul Bocuse, des wohl berühmtesten französischen Kochs aller Zeiten, seinen dritten Stern. Auch in diesem Jahr bekam das Bocuse-Restaurant den Stern nicht zurück.
In diesem Jahr wurden 54 Restaurants neu mit einem Stern belohnt und zu den 29 Drei-Sterne-Etablissements ist ein weiteres hinzugekommen: Das "AM" von Alexandre Mazzia in Marseille. Bei der Verkündung kamen diesem die Tränen. Alexandre Mazzia spielt mit Aromen und Kulturen. Er sorgte in der Corona-Krise bei geschlossenen Restaurants für Aufsehen, als er in einem Foodtruck auf der Straße kochte.
Ansonsten stufte der Guide Michelin diesmal wenig zurück. Ist er in Corona-Zeiten objektiv? "Unsere Inspektoren haben dieselben Kriterien angewandt wie immer und damit hat der neue Guide Michelin denselben Wert wie seine Vorgänger", betont Poullennec. Die französischen Köche hätten ihren Geschmack bewahrt. Manchen habe die Krise sogar neuen Elan verliehen. "Ein sehr gutes Jahr. Mit Vielfalt, Talent und Jugend in allen französischen Regionen."
Der Preis "Junger Chefkoch" geht an den 28-jährigen Mory Sacko, der sein Restaurant in Paris erst im September eröffnet hat. Der schlaksige Franko-Senegalese mit den Rastalocken verbindet im Mosuké afrikanische und japanische Einflüsse und freute sich über seine neue Sterne-Koch-Jacke: "Das war ein schönes, intensives Abenteuer. Ich denke an meine Mannschaft. Wir haben uns motiviert, sofort nach der Eröffnung das Maximum zu geben und auf höchstem Niveau zu sein." Einen Dank schickte er auch an den Guide Michelin, dafür dass er auch in der Corona-Krise weiter Restaurants besucht und ausgezeichnet habe.
Ein Zeichen gegen die Krise
Der Guide Michelin wollte mit der neuen Ausgabe die Branche unterstützen. Sie soll auch der Kundschaft Lust auf Haute Cuisine machen, sobald das wieder möglich ist. "Wir wollten keinen weißen, leeren Michelinführer nach einem schwarzen Jahr", sagte Poullennec. Die Chefköchinnen und -köche der französischen Restaurants hätten ihr Talent bewahrt und die Inspektoren in den Monaten, in denen sie auf hatten, begeistert.
Um die diesjährige Auszeichnung sicher zu stellen, haben die Inspektoren ihren Urlaub während der Lockdowns genommen. Außerdem haben internationale Experten mitgetestet. Insgesamt seien genauso viele Menüs wie in anderen Jahren verkostet worden.
Diskussion in den sozialen Medien
Sterne für das beste geschlossene Restaurant - das fragen sich allerdings einige in den sozialen Medien. Doch viele sehen die neue Michelin-Ausgabe positiv. Zum Beispiel Zwei-Sterne-Koch Nicolas Beaumann. Er führt das Restaurant Maison Rostang in einem noblen Pariser Stadtviertel unweit des Triumphbogens und sagt: "Es ist gut, dass der neue Restaurantführer erscheint, um Auftrieb zu geben und den Menschen zu zeigen, wir sind noch da. Das muntert uns auf.“
In seiner Küche wird gerade Chicoree gebuttert und mit einer fruchtigen Farce gefüllt – die Beilage zum rosagebratenen Entenfilet im Zwei-Sterne-Menü to go. Für 80 statt für 220 Euro. Mit dem Lieferservice und staatlichen Hilfen hält er sich über Wasser. Die Kellner sind in Kurzarbeit, die Küchenmannschaft ist fast halbiert. Der Umsatz um 90 Prozent eingebrochen. Andere Sterneköche sind in Markthallen gezogen oder haben ihre Sterne zurückgegeben, um ein einfaches Bistro zu führen.
"Anerkennung für ein Jahr Arbeit"
Nicolas Beaumann hat nie ans Aufgeben gedacht. Und der Michelin gibt ihm Recht. Er behält seine zwei Sterne. Das freut den Chefkoch: „Einen Stern zu behalten – das ist ein Fest. Die Anerkennung für ein Jahr Arbeit, wo wir auf jedes kleinste Detail in der Küche geachtet haben. Da gratulieren wir dem Team und trinken ein Glas Champagner.“
Die neue Guide-Michelin-App empfiehlt nun weltweit 15.000 Restaurants. Darunter auch die 33, die diesmal neu für ihre nachhaltige Bioküche prämiert wurden. Fazit der Sternevergabe: Jetzt sei der Moment für neue Pläne und neue Träume!