Suspendierung von Fidesz-Partei Orban geht über die EVP-Brücke
Es ist zwar kein Ausschluss aus der EVP geworden, aber die rechtsnationale ungarische Fidesz-Partei ist auch durch die Suspendierung in Brüssel im Abseits. Der ganz große Crash wurde vermieden.
Die Christdemokraten im Europaparlament haben sich dafür ausgesprochen, die ungarische Fidesz für einen unbestimmten Zeitraum aus den eigenen Reihen zu suspendieren. Das ist zwar kein Ausschluss der Partei von Ungarns Regierungschef Viktor Orban aus der EVP, kommt einem solchen Schritt aber relativ nahe. Denn während der Suspendierung hat die Fidesz keinerlei Stimmrechte, sie darf nicht an EVP-Treffen teilnehmen und Fidesz-Mitglieder dürften nicht für Posten in der Europäischen Volkspartei kandidieren.
Damit ziehen Europas Christdemokraten die Konsequenzen aus dem, wofür Orban und die Fidesz seit einigen Jahren stehen: einen Abbau der Rechtsstaatlichkeit in Ungarn und einen politischen Kurs, der europäischen Grundwerten deutlich zuwider läuft. Im vergangenen Jahr hatte sich das Europaparlament deshalb für ein sogenanntes Artikel-7-Verfahren gegen Ungarn ausgesprochen, das als schärfste Waffe gegen EU-Mitgliedsstaaten gilt, die europäische Grundrechte verletzen.
Diese Plakatkampagne der Fidesz-Partei brachte das Fass zum Überlaufen.
Fidesz hatte rote Linien überschritten
Aber die bislang zur EVP gehörende Fidesz und Orban haben sich davon nicht beeindrucken lassen. Zuletzt war es die umstrittene Plakataktion in Ungarn mit Bildern von EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker und von US-Milliardär George Soros und antieuropäischen Parolen. Für viele in der EVP war damit die letzte rote Linie überschritten.
Das bekomme die Fidesz jetzt zu spüren, sagte der CSU-Europaparlamentarier Manfred Weber, der für die EVP bei den Europawahlen als Spitzenkandidat antritt: "Während der Zeit der Suspendierung wird die Fidesz keinerlei Möglichkeiten haben, den politischen Kurs der EVP irgendwie zu beeinflussen. Damit haben wir eine klare Entscheidung getroffen, eine starke Entscheidung, die auf den Werten der Europäischen Volkspartei beruht."
Manfred Weber will EU-Kommissionspräsident und braucht dafür wohl auch die Stimmen der Fidesz-Partei.
Evaluierungskomitee urteilt über Fidesz
Die Suspendierung soll so lange andauern, bis ein Gremium erfahrener EVP-Politiker darüber entscheidet, ob Orbans Fidesz-Partei wieder in die EVP-Familie zurückkommen darf. Nämlich unter der Bedingung, dass sie wieder rechtsstaatlichen Prinzipien folgt und ihren Anti-EU-Kurs aufgibt.
Mit Hermann van Rompoy, Hans-Gert Pöttering und Wolfgang Schüssel habe man große Politiker für das "Evaluierungskomitee" gewonnen, erklärte Weber: "Das sind verdiente langjährige christdemokratische Politiker, die Europa und die EVP geprägt haben."
Kramp-Karrenbauer rang mit Orban
Bei den Beratungen der EVP im Gebäude des Brüsseler EU-Parlaments soll es ein intensives verbales Ringen zwischen Orban und der deutschen CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer gegeben haben. Sie hatte an Orban appelliert, das Vorgehen der EVP gegen die Fidesz zu akzeptieren. Man baue ihm damit eine Brücke, um verloren gegangenes Vertrauen wieder herzustellen.
Bisher sieht es so aus, als ob Orban diese Brücke tatsächlich nutzen will. Im Anschluss an das Treffen in Brüssel sagte er am Abend, er begrüße die Entscheidung der Suspendierung. Und er ergänzte, die Fidesz werde weiterhin die Kandidatur von Weber zum neuen EU-Kommissionspräsidenten unterstützen. Solche Töne hatten die wenigsten erwartet.
Wenn es tatsächlich so kommt, hätte Weber für sich ein wichtiges Ziel erreicht. Er hatte sich immer gegen einen Ausschluss der Fidesz aus der EVP ausgesprochen. Denn wenn er im Europaparlament zum neuen EU-Kommissionspräsidenten gewählt werden will, braucht er jede Stimme.