Pläne für EU-Armee Große Worte - kleine Schritte
Seit einem Jahr existiert eine EU-Militärkooperation - 25 der 28 Länder machen mit. Ist das der erste Schritt zu einer europäischen Armee? Experten und Politiker sind skeptisch.
Es war dieser eine Satz von Bundeskanzlerin Angela Merkel, über den nach ihre Rede vor dem Europaparlament am meisten diskutiert wurde: "Wir sollten an der Vision arbeiten, eines Tages auch eine echte europäische Armee zu schaffen." Mit diesen Worten schloss sich Merkel zum ersten Mal der Idee von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron an.
Von einer Umsetzung dieser Idee - da sind sich viele einige - ist die EU allerdings noch weit entfernt. Judy Dempsey von der Denkfabrik Carnegie Europe hält sie sogar für völlig unrealistisch. "Es ist sehr schwierig sich vorzustellen, dass alle Mitgliedstaaten einer Armee zustimmen. Selbst die NATO hat keine stehende Armee", gibt sie zu bedenken. Europa ist aus ihrer Sicht absolut abhängig von der NATO und den Vereinigten Staaten. Und wie diese europäische Armee überhaupt aussehen soll, sage auch niemand.
Brok für kleine Schritte
Tatsächlich wären noch viele Fragen zu lösen, rechtliche zum Beispiel. In Deutschland etwa muss der Bundestag zustimmen, wenn Bundeswehrsoldaten im Ausland eingesetzt werden sollen. Daran will der grüne Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer festhalten. "Das darf jetzt nicht einfach zur Disposition gestellt werden, weil man sich jetzt besoffen redet über eine europäische Armee", meint er.
Für ihn ist eine europäische Armee keine Frage, die jetzt ansteht. Worin er sich mit Elmar Brok einig ist. Der Europaabgeordnete der CDU hält sie zwar grundsätzlich für eine gute Idee, sie könne aber nur der Schlusspunkt einer langfristigen Entwicklung sein. Erstmal stehen für Brok ganz andere Dinge im Vordergrund. Immer noch sind die verschiedenen europäischen Armeen ganz unterschiedlich ausgestattet, gibt es viele Waffensysteme oder Panzertypen nebeneinander, verfolgen Länder eigene Interessen.
Laut Berechnungen der EU-Kommission würden die Staaten 30 bis 100 Milliarden Euro im Jahr zu viel ausgeben, weil die Synergieeffekte nicht genutzt würden. "Dies zu überwinden ist wichtig. Deswegen hat man nun eine Verteidigungsunion vereinbart, dass man diese Bereiche schrittweise verändert, um bei Beschaffung, Forschung und Entwicklung enger zusammenzuarbeiten", sagt Brok.
"Europa muss voranschreiten"
In Zeiten, in denen die USA als ein wenig verlässlicher Partner angesehen werden, wollen die Europäer im Verteidigungsbereich näher zusammenzurücken. Im vergangenen Jahr hob die EU die ständige strukturierte Zusammenarbeit aus der Taufe, die kurz "Pesco" heißt. Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen erklärte damals: "Das sind historische Momente, denn begonnen hat es einmal 1954, ist dann krachend gescheitert 1958 und hat über Jahrzehnte brach gelegen. Aber jetzt ist die Zeit, dass Europa nach vorne schreitet mit seiner gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungsunion."
Die EU-Mitgliedstaaten können selbst entscheiden, ob sie sich an der Zusammenarbeit beteiligen, im Moment machen 25 der 28 Länder mit. Verschiedene Projekte wurden auf den Weg gebracht. Dazu zählt zum Beispiel der gemeinsame Kampf gegen Cyberattacken oder ein europäisches Sanitätskommando. Das soll unter anderem europäischen Soldaten in einem Krisengebiet schnell helfen. Doch noch stecken alle Projekte in den Kinderschuhen.
In Brüssel werden die Außen- und Verteidigungsminister heute über den Fortschritt, aber auch über neue Projekte sprechen. Die Idee einer europäischen Armee aber dürfte - wenn überhaupt - nur am Rande eine Rolle spielen.