Britische Asylpolitik Scheitern Sunaks Ruanda-Pläne endgültig?
Die britische Regierung will Asylsuchende nach Ruanda ausfliegen, damit ihr Verfahren dort durchgeführt wird. Bislang haben Richter das Vorhaben blockiert. Nun entscheidet das Oberste Gericht.
Für die Konservative Partei und die britische Regierung ist die Asylpolitik eines der wichtigsten Themen. Premierminister Rishi Sunak hat versprochen, die Zahl der Flüchtlinge, die ins Vereinigte Königreich kommen, deutlich zu reduzieren.
"Ich werde alles tun, um die Boote zu stoppen", sagte Sunak auf dem Parteitag der Konservativen. Gemeint sind die Boote, mit denen Flüchtlinge von Frankreich aus über den Ärmelkanal kommen.
2022 waren es 46.000. In diesem Jahr dürfte die Zahl deutlich niedriger ausfallen, aber aus Sicht der Tories sind es immer noch zu viele.
Asyl - aber in Ruanda
Das Abkommen mit Ruanda ist deswegen ein zentraler Baustein der britischen Asylpolitik. Wer illegal ins Land einreist, der soll, so der Wille der Regierung, nach Ruanda ausgeflogen werden. In dem afrikanischen Land soll dann ein Asylverfahren durchgeführt werden.
Das Besondere an den britischen Plänen: Wer schutzberechtigt ist, soll dann in Ruanda bleiben dürfen - aber eben nicht zurück nach Großbritannien geschickt werden.
Pläne deutscher Politiker, beispielsweise der SPD, sehen anderes vor: Demnach sollen Asylverfahren in Drittstaaten durchgeführt werden können. Wenn ein solches Verfahren mit der Anerkennung des Flüchtlingsstatus endet, und das ist der Unterschied, sollen diese Personen nach Deutschland beziehungsweise in die Europäische Union gebracht werden.
Bravermanns Wunsch
Die britische Regierung wollte die Flüge nach Ruanda längst aufgenommen haben, doch die Gerichte stoppten das Verfahren. Für den rechten Flügel der Konservativen Partei blieb die Abschiebung - ein Traum.
"Ein Artikel auf der Seite 1 des 'Daily Telegraph', in dem steht, die Flüge nach Ruanda dürfen starten, das ist mein Traum", sagte Suella Braverman, die gerade erst entlassene Innenministerin. Sie galt als Hardlinerin, doch ihr Nachfolger James Cleverly wird das gleiche Ziel verfolgen.
Er habe mit Premier Sunak gesprochen - das Ziel sei, die Versprechen einzulösen, die Boote zu stoppen. Die Konservativen erhoffen sich, dass die Flüge nach Ruanda, sollten sie je abheben, weitere Flüchtlinge abschrecken, nach Großbritannien zu kommen. Migrationsforscher bezweifeln diese abschreckende Wirkung.
Das letzte Wort hat das Gericht
Heute entscheidet nun das Oberste britische Gericht. Zuvor hatte ein anderes Gericht - der "Court of Appeal" - entschieden, dass Ruanda kein sicherer Staat für Flüchtlinge ist und es dort Defizite im Asylsystem gibt.
Sollte das Gericht die Abschiebung nach Ruanda weiterhin untersagen, wäre dies eine schwere Schlappe für die Regierung Sunak. Ein zentraler Bestandteil der Asylpolitik würde dann weiterhin nicht funktionieren. Die Debatte in der Konservativen Partei über eine Neuauflage der Politik, möglicherweise in Zusammenarbeit mit einem anderen Land, würde wieder Fahrt aufnehmen.
Auch die Diskussion um die Frage, ob Großbritannien aus der Europäischen Menschenrechtskonvention austreten sollte, würde dann wieder lauter geführt werden. Befürworter dieses Schritts argumentieren, dass Großbritannien sich an dieser Stelle nicht binden sollte.
Ruanda-Flüge schon im Januar?
Sollte das Gericht grünes Licht für die Abschiebungen geben, wäre dies erst einmal Rückenwind für die britische Regierung. Flüge könnten schon im Januar starten, heißt es.
Ob dadurch jedoch die Zahl der Flüchtlinge sinkt, ist unklar. Und: Die Kosten der Ruanda-Politik sind deutlich höher als die einer konventionellen Bearbeitung der Asylverfahren.