Nachbarländer Deutschlands Kritische Hochwasserlage - und weitere Todesopfer
Deutschlands Nachbarländer kämpfen weiter gegen die Überschwemmungen. Österreich und Polen melden je einen Toten. Und auch in Deutschland steigen die Pegelstände, die Lage hierzulande ist aber noch vergleichsweise entspannt.
In den von Überschwemmungen betroffenen deutschen Nachbarländern Österreich, Polen und Tschechien bleibt die Lage angespannt. Nachdem bei den Unwettern bereits gestern vier Menschen in Rumänien ums Leben gekommen waren, melden heute Österreich und Polen je ein Todesopfer. Auch in Rumänien gibt es zwei weitere Tote. In Tschechien gibt es mehrere Vermisste.
"Dramatische Stunden" in Österreich
In Österreich kam ein Feuerwehrmann in den Fluten um. Er soll in Niederösterreich bei einem Pumpeneinsatz in einem Keller gewesen sein, wie der zuständige Krisenstab mitteilte.
Wegen der anhaltenden Niederschläge wurde das nordöstliche österreichische Bundesland zum Katastrophengebiet erklärt. "Wir erleben in Niederösterreich schwere, dramatische Stunden", sagte Landeshauptfrau (Ministerpräsidentin) Johanna Mikl-Leitner. "Für viele Niederösterreicherinnen und Niederösterreicher werden es die schwersten Stunden ihres Lebens sein", fügte sie hinzu. "Wir werden alles tun, um dem Wasser die Stirn zu bieten, um Land und Leute zu schützen."
In einigen Gemeinden in Niederösterreich musste die Feuerwehr in der Nacht eingeschlossene Menschen aus ihren Häusern retten. Die Feuerwehr ist teils mit Schlauchbooten unterwegs. Menschen in flussnahen Straßen wurden in mehreren Gemeinden aufgefordert, ihr Häuser zu verlassen. Die Erklärung zum Katastrophengebiet gibt Behörden erweiterte Befugnisse, etwa, um Evakuierungen anzuordnen.
Am Stausee Ottenstein stürzen inzwischen große Wassermassen durch Hochwasserklappen in den bereits angeschwollenen Fluss Kamp. Flussabwärts wird die dramatische Hochwasserlage damit noch einmal verschärft.
In Wien, das unmittelbar an Niederösterreich grenzt, wälzten sich Wassermassen entlang des Wienflusses durch die Stadt. In den meisten Vierteln halten die meterhohen Mauern entlang des künstlichen Flussbettes aber noch stand. Bei anhaltendem Dauerregen und Sturmböen ist eine Entspannung nicht abzusehen. Der Betrieb auf zwei U-Bahn-Linien wurde in der Hauptstadt vorsichtshalber teilweise eingestellt. Auch der Zugverkehr in Österreich ist massiv von den Unwettern gestört.
Toter in Polen kann nicht geborgen werden
Auch in Polen hat es ein erstes Todesopfer gegeben. Nach Angaben eines Sprechers der örtlichen Polizei handelt es sich bei dem Toten um einen Mann, der in dem Dorf Krosnovice unweit von Klodzko ums Leben gekommen ist. Die Polizei könne ihn nicht bergen, da der Ort überflutet sei.
Die niederschlesische Kleinstadt Klodzko mit 26.000 Einwohnern liegt etwa hundert Kilometer südlich von Breslau (Wroclaw) an der Glatzer Neiße, einem Nebenfluss der Oder. Dort hat sich die Situation in der Nacht zugespitzt. Am Morgen betrug der Wasserstand der Glatzer Neiße 6,65 Meter. Üblich sei ein durchschnittlicher Wasserstand von einem Meter, sagte ein Sprecher der örtlichen Feuerwehr der Nachrichtenagentur dpa.
Zuvor war im niederschlesischen Stronie Slaskie ein Staudamm gebrochen. Das Wasser fließt nun von dort über den Fluss Biala Ladecka in die Glatzer Neiße.
Regierungschef Donald Tusk wiederholte seinen Appell an die Bevölkerung, die Evakuierungsaufrufe der Behörden ernst zu nehmen und sich rechtzeitig in Sicherheit zu bringen. "Die Situation ist an vielen Orten dramatisch."
Die polnische Eisenbahn PKP hat wegen der Überschwemmungen die Zugverbindungen mit dem Nachbarland Tschechien eingestellt. Intercitys, die aus Tschechien kommend nach Polen fahren sollten, fielen bis auf weiteres aus, teilte der staatliche Konzern auf X mit. Züge, die aus Polen nach Tschechien fahren sollten, enden an der jeweils letzten Station vor der Grenze.
Vier Vermisste in Tschechien, Gebirgsort eingeschlossen
Denn auch in Tschechien halten Hochwasser und Überschwemmungen die Einsatzkräfte in Atem. Mindestens vier Menschen galten weiter als vermisst. Die Stadt Krnov wurde fast komplett überflutet. Vizebürgermeister Miroslav Binar sagte der Agentur CTK zufolge, für eine Evakuierung sei es zu spät. Die Kommune sei nicht mehr in der Lage, die Hilfe für die Bürger zu organisieren. Die Lage sei schlimmer als bei der Flutkatastrophe von 1997. In Krnov vereinen sich die Flüsse Opava und Opavice.
In der Stadt Opava und anderen Städten im Grenzgebiet zu Polen mussten Tausende Menschen aus ihren Wohnungen in Sicherheit gebracht werden. Eine Schlammlawine schnitt den Gebirgsort Mala Upa von der Außenwelt ab.
Im Südwesten Tschechiens lief die Talsperre Husinec über. An der Elbe in Litomerice wurde die höchste Hochwasser-Alarmstufe erreicht. Landesweit sind mehr als 250.000 Haushalte ohne Strom. Wegen der aufgeweichten Böden waren zahlreiche Bäume auf Leitungen gestürzt.
Auch im innertschechischen Bahnverkehr kam es zu erheblichen Störungen, weil Bäume auf Gleise stürzten und Gewässer Strecken überschwemmten. Rund 40 Bahnstrecken mussten ganz gesperrt werden.
Mehrere Tote in Rumänien
Auch im Osten Rumäniens gab es nach heftigen Regenfällen zu Überschwemmungen. In den Landkreisen Galati und Vaslui seien am Samstag mindestens vier Menschen ums Leben gekommen, teilte die Katastrophenhilfe mit. In der am schlimmsten betroffenen Region des Landes seien zudem etwa 5.000 Häuser beschädigt worden. Nun wurde ein weiterer Toter gemeldet, in der Gegend des Dorfes Slobozia Conachi. Präsident Klaus Iohannis sprach von "dramatischen Folgen" des Klimawandels.
Lage in Bayern überschaubar
In Deutschland ist die Lage derzeit noch vergleichsweise entspannt. Durch den anhaltenden Dauerregen sind in Bayern einzelne Straßen überschwemmt worden und vereinzelt Keller vollgelaufen. Aktuell sind besonders Oberbayern, Niederbayern und die Oberpfalz betroffen, wie es der Hochwassernachrichtendienst (HND) Bayern meldete. Auch wenn es vielerorts noch weiter regnet - schlimmer als jetzt wird es wohl nicht mehr, prognostizierte der HND.
Die Wasserstände der Flüsse und Bäche könnten zwar wieder steigen, Überschwemmungen von bebauten Gebieten sind aber wohl flächendeckend nicht in Sicht. Eine Hochwasserflut wie im Juni sei nicht zu befürchten.
Pegelstände in Sachsen steigen
An der Elbe in Sachsen hat der erste Pegel Alarmstufe 2 erreicht. In Schöna wurde der entsprechende Richtwert von fünf Metern am frühen Morgen überschritten, wie aus Daten des Landeshochwasserzentrums hervorgeht. Der Mittelwert liegt dort bei 1,58 Metern, zuletzt wurden 5,39 Meter gemeldet.
In Dresden laufen nach den Abrissarbeiten an der zum Teil eingestürzten Carolabrücke am Dresdner Elbufer nun die Vorbereitungen auf das nahende Hochwasser. Wie Feuerwehrsprecher Michael Klahre am Morgen bestätigte, sind die zum Abriss benötigten Maschinen bereits aus dem Uferbereich heraus gefahren worden. Weitere Maßnahmen würden im Laufe des Tages besprochen werden, sobald der Hochwasserstab zusammengetreten sei, erklärte er weiter.