Krieg gegen die Ukraine Der Drahtseilakt der US-Geheimdienste
Welche Rolle spielen US-Geheimdienste im Ukraine-Krieg? Laut Medien eine ziemlich große. Auch das russische Flaggschiff "Moskau" soll mithilfe von US-Erkenntnissen versenkt worden sein. Washington bringt das in die Bredouille.
Als die Schlagzeile in der "New York Times" bei Twitter auftauchte, zuckte Ex-CIA-Mitarbeiter Philip Mudd zusammen: US-Geheimdienste helfen der Ukraine dabei, russische Generäle zu töten, titelte das Blatt. Und Mudd, inzwischen Geheimdienstexperte bei CNN, dachte: "Was ist das denn? Normalerweise nimmt man Geheimdienst-Informationen nicht für gezielte Tötungen."
Ein paar Stunden später dementierte dann auch Pentagon-Sprecher John Kirby die Geschichte. Es sei zwar richtig, dass die USA die Ukraine mit Aufklärung aus dem Schlachtfeld versorge. Aber: "Wir liefern keine Informationen über den Aufenthalt von hochrangigen russischen Offizieren auf dem Schlachtfeld und beteiligen uns nicht an den Angriffs-Entscheidungen des ukrainischen Militärs."
Medien: USA lieferten Standorte der mobilen Hauptquartiere der Russen
Schon zwölf hochrangige russische Offiziere will die Ukraine seit Kriegsbeginn getötet haben. Laut "New York Times" soll dabei die amerikanische Aufklärung eine entscheidende Rolle gespielt haben. So hätten die US-Geheimdienste den Ukrainern in Echtzeit nicht nur Daten über Truppenbewegungen geliefert, sondern auch über die Standorte der mobilen Hauptquartiere der Russen.
Pentagon-Sprecher Kirby bemühte sich, die Bedeutung der US-Aufklärung herunterzuspielen. Die Ukrainer hätten selbst viel mehr Informationen. Schließlich sei das ihr Land. Und sie hätten auch sehr fähige eigene Geheimdienste.
Die Ukraine kombiniert die Informationen, die sie von uns und anderen bekommen, auf dem Schlachtfeld. Und dann treffen sie ihre eigenen Entscheidungen und handeln.
Geheimdienst-Experte Mudd erklärt den Unterschied so: "Wir sagen ihnen nicht: General X bewegt sich gerade, General X ist gerade an diesem Kommandoposten, wenn ihr den jetzt angreift, dann tötet ihr General X. Sondern wir sagen: 'Wir geben Euch Informationen, wie die Russen den Krieg führen, inklusive der Position von Panzern oder Kommandoposten. Macht Euch dran.' So, wie man das in jedem bewaffneten Konflikt macht."
Führten US-Erkenntnisse zum Versenken der "Moskau"?
Laut US-Medien sollen die US-Geheimdienste auch am bislang schwersten Verlust für Russland einen erheblichen Anteil haben. Mitte April war das Flaggschiff "Moskau" gesunken - nachdem ukrainische Raketen den Kreuzer in Brand geschossen hatten.
Wie die "New York Times" und der Fernsehsender NBC unter Berufung auf anonyme US-Regierungsvertreter berichten, sollen die US-Nachrichtendienste den Ukrainern zuvor bestätigt haben, dass es sich bei dem Schiff um die Moskau handelte.
Allerdings hätten die USA vorher nicht gewusst, dass die Ukraine das Schiff angreifen wollte. Beim Untergang der Moskau sollen 250 russische Soldaten ums Leben gekommen sein.
US-Regierung in der Bredouille
Für die US-Regierung ist das Thema hochsensibel: Einerseits will sie die Ukraine bestmöglich militärisch unterstützen - aber andererseits selbst nicht zur Kriegspartei werden. Und: Gezielte Tötungen im Krieg sind zwar durch internationales Recht gedeckt, sind aber für Geheimdienst-Mitarbeiter ethisch trotzdem ein Riesenproblem, sagt Ex-Geheimdienstler Mudd.
Aber wie konnten die Ukrainer es schaffen, so verhältnismäßig viele russische Offiziere auf dem Schlachtfeld zu töten? Nicht so sehr wegen amerikanischer Geheimdienstinformationen - sondern wegen russischer Inkompetenz, meint der ehemalige Chef des Russlands-Desk bei der CIA, Steve Hall, ebenfalls bei CNN.
Die russischen Streitkräfte seien unflexibel, Offiziere an der Front hätten wenig Befugnisse, meint Hall. Wenn es Probleme gäbe müssten die Generäle anrücken - und würden dadurch leichter zur Zielscheibe. Außerdem sei die Moral der russischen Truppen gering, viele Soldaten würden mit dem Handy ihre Freundinnen zuhause anrufen. Auch das würde den ukrainischen Geheimdiensten die Arbeit sehr erleichtern.