Kämpfe im ukrainischen Soledar Kein Essen, kein Trinken, kein Schlaf
Russlands Artillerie legt derzeit ukrainische Städte wie Soledar in Schutt und Asche. Der Soldat Aleksej hat dort an der Front gekämpft und erzählt, wie es sich anfühlt - im Schützengraben.
Auf Satellitenbildern ist das Ausmaß der Zerstörung gut zu erkennen. Unzählige Artillerieeinschläge haben die Kleinstadt Soledar im Donbass in Schutt und Asche gelegt. Sie haben Bäume in verkohlte Astgerippe verwandelt, Wohnhäuser in rußige Ruinen, einst grüne Felder sind vereiste Kraterlandschaften.
Der Ukrainer Aleksej Slobadenjuk hat hier gekämpft. Er hat aus dem Schützengraben heraus versucht, den russischen Vormarsch aufzuhalten. Im Gespräch mit der ARD sagt er, die Russen hätten gerade einen Vorteil bei der Artillerie und verschössen unglaublich viel Munition.
Unsere Stellungen hören einfach auf zu existieren. Alles wird in Stücke gerissen. Kein Leben bleibt zurück. Auf diese Weise verdrängt Moskau uns von unseren Stellungen und von unserem Land.
Alle zehn Sekunden ein Geschoss
Die Kleinstadt Soledar liegt im Fokus der russischen Söldnergruppe Wagner. Experten rätseln, warum. Von strategischer Bedeutung ist sie nicht. Aber Russland konnte in der Ukraine schon lange keinen militärischen Erfolg mehr verbuchen, und russische Staatsmedien feiern Soledar als wichtigen Erfolg.
Wie mit einer Feuerwalze radiert die russische Artillerie seit Monaten ukrainische Städte wie Soledar von der Landkarte. Auch Slobadenjuks Stellung sei komplett zerstört worden, sagt er. Alle zehn Sekunden sei ein Geschoss in der Nähe eingeschlagen.
Wenn die Artillerie ständig und unaufhörlich schießt, ist es sehr schwierig zu kämpfen - wenn man keine Stellung mehr hat, wenn alle Zweifel haben. Das ist sehr schwierig. Deshalb können die Russen jeden Tag ein kleines Stückchen von unserem Land abreißen. Jeden Tag ein, zwei, drei Meter.
"Unmenschliche Verhältnisse"
Die russische Söldnergruppe Wagner reklamiert schon jetzt die Kontrolle über Soledar für sich. Doch noch immer wird in einigen Teilen der Stadt offenbar gekämpft. Man halte die Verteidigung aufrecht, heißt es aus der ukrainischen Armee.
Slobadenjuk aber spricht von vielen Getöteten - auch auf ukrainischer Seite. Es seien unmenschliche Verhältnisse im Schützengraben in der Ostukraine. Ohne Essen, ohne Trinken, ohne Schlaf.
All unsere Wasserflaschen waren durchlöchert und zerschossen. Das Eis in den Flaschen war getaut. Das haben wir getrunken. Es war sehr schwer. Es sind unmenschliche Bedingungen, eine riesige Belastung. Es sind Übermenschen, die das aushalten. Wo die Russen vorbeigezogen sind, gibt es kein Leben mehr.
Und dann die Kälte
Die Kälte macht den Soldaten zusätzlich zu schaffen. In den Nächten im Schützengraben könnten sie sich nicht wärmen, berichtet Slobadenjuk - auch wenn sie einen Ofen haben. Auf Wärmebildkameras wären sie für die russischen Soldaten dann leicht zu erkennen. Also müssen sie frieren. Slobadenjuk hat wie durch ein Wunder überlebt.
Ich träume und denke immer wieder daran, weil so viele getötet wurden. Die Russen waren nur zehn Meter von uns entfernt. Eine Granate ist nur einen Meter neben mir im Schützengraben explodiert.
Nur fünf Tage kämpfte Slobadenjuk in Soledar. Dann wurde er verletzt. Doch er wird zu seiner Einheit zurückkehren. Mehr weiß er derzeit nicht. Pläne für die Zukunft könne er erst dann wieder machen, wenn der Krieg gewonnen ist.