Krieg gegen die Ukraine "Drohnen sollen Flugabwehr ermüden"
Russische Drohnen sind eine große Herausforderung für die ukrainische Flugabwehr. Präsident Selenskyj warnt vor einem Abnutzungskrieg. In vormals besetztem Gebiet sollen zudem 25 Folterlager entdeckt worden sein.
Angesichts der wiederholten Drohnenangriffe auf ukrainische Städte in den vergangenen Tagen hat Präsident Wolodymyr Selenskyj vor einem Abnutzungskrieg gewarnt. Russland wolle die Menschen in der Ukraine und ihre Verteidiger offensichtlich auf Dauer zermürben, sagte Selenskyj in seiner täglichen Videoansprache.
"Wir haben Informationen, dass Russland einen langfristigen Angriff von Shahed-Drohnen plant", sagte Selenskyj mit Blick auf die massenhaft eingesetzten Flugroboter aus iranischer Produktion. Russland wolle damit Abnutzung erreichen, "die Erschöpfung unserer Leute, unserer Luftverteidigung, unserer Energie".
Muster bei russischen Drohnenangriffen
Seit Jahresbeginn seien nur zwei Tage vergangen, und schon betrage die Zahl der über der Ukraine abgeschossenen Drohnen mehr als 80, so Selenskyj. Das russische Militär attackiert mit den Drohnen überwiegend städtische Infrastruktur, um Schäden im Energienetz anzurichten. Nach Angaben eines Experten fliegt das russische Militär seine Angriffe bewusst nachts und entlang des Flusses Dnipro. "Logischerweise ist nachts am Himmel nicht alles erkennbar", sagte Oberst Wladislaw Selesnjow der ukrainischen Agentur RBK-Ukraina. Die Flugroute aus südlicher Richtung entlang des Dnipro sei zudem gewählt worden, um die ukrainische Flugabwehr nach Möglichkeit zu umfliegen.
Die sogenannten Kamikaze-Drohnen sind mit Sprengstoff bestückt und stürzen am Ende ihres Fluges senkrecht auf ihr Ziel herab. Sie sind ein leichtes Ziel für die Flugabwehr, doch ihre schiere Anzahl und die ständige engmaschige Überwachung des Luftraums sind eine große Herausforderung für die Flugabwehr. Dazu kommt der Kostenfaktor - eine aus billigen Teilen hergestellte Drohne muss mit teuren Waffensystemen abgeschossen werden.
Krim: Ukrainischer Angriff auf Sewastopol
Nach tagelangen Drohnen-Anflügen auf ukrainische Städte bekämpfte am Montagabend die Luftabwehr der russisch besetzten Halbinsel Krim ukrainische Drohnen. Laut einem Bericht der russischen Staatsagentur Tass wurden über dem strategisch wichtigen Hafen Sewastopol zwei Flugroboter abgeschossen. "Unsere Luftverteidigung setzte die Abwehr der Angriffe fort", wurde der von Moskau eingesetzte Gouverneur Michail Raswoschajew zitiert.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Ukraine: Folterlager in Region Charkiw entdeckt
Seit der Befreiung der Umgebung der ostukrainischen Stadt Charkiw von den russischen Besatzern hat die Polizei dort nach eigenen Angaben 25 Folterlager entdeckt. In den Lagern hätten russische Truppen unter anderem Zivilisten unter unmenschlichen Bedingungen festgehalten und gequält, teilte der regionale Polizeichef Wolodymyr Tymoschko auf Facebook mit.
Die Umgebung von Charkiw war monatelang von russischen Truppen besetzt gewesen. Sie zogen sich erst Anfang September nach einer ukrainischen Gegenoffensive zurück. Seitdem seien in der befreiten Region 920 Leichen von Zivilisten entdeckt worden, darunter 25 Kinder, teilte Tymoschko weiter mit. Sie seien von russischen Soldaten getötet worden.
Russischen Streitkräften sind von verschiedenen Seiten immer wieder teils systematisch verübte Kriegsverbrechen in der Ukraine vorgeworfen worden. Nach dem Abzug russischer Einheiten aus dem Kiewer Vorort Butscha wurden dort die Leichen von mehr als 400 Menschen entdeckt. Die meisten von ihnen waren eines gewaltsamen Todes gestorben. Die Ermittlungen dazu sind noch immer nicht abgeschlossen.