Ein bei einem Angriff beschädigtes Haus in Saporischschja, Ukraine.

Vormarsch in der Ostukraine Russische Truppen dringen in Wuhledar vor

Stand: 01.10.2024 15:11 Uhr

Russische Truppen sind in der Ostukraine weiter auf dem Vormarsch. Wuhledar im Gebiet Donezk steht nach ukrainischen Angaben kurz vor der Einnahme. Auch Cherson und Saporischschja waren erneut Ziel von Angriffen.

Weitere Angriffe im Süden und Zentrum des Landes, Geländegewinne im Osten: Die russischen Truppen setzen die Ukrainer weiter unter Druck. In der Bergarbeiterstadt Wuhledar im Gebiet Donezk drangen sie fast bis ins Zentrum vor, der Gouverneur des Gebiets, Wadym Filaschkin, mitteilte. "Die Kämpfe finden im Stadtgebiet statt. Daher ist es fast nicht mehr möglich, humanitäre Hilfe hinzubringen", schrieb er im Onlinedienst Telegram.

Von den vor dem Krieg knapp 15.000 Einwohnern seien noch 107 im Stadtgebiet geblieben. Alle Kinder und Jugendlichen seien rechtzeitig evakuiert worden.

Moskau meldet Eroberung zweier Ortschaften

Das russische Verteidigungsministerium meldete zudem zwei weitere eroberte Ortschaften: Wyschnewe im Gebiet Charkiw an der Grenze zur Region Luhansk sei eingenommen worden, hieß es aus Moskau. Der ukrainische Generalstab widersprach dem jedoch - russische Angriffe hier seien abgewehrt worden.

Dazu ist nach russischen Angaben das Dorf Krutyj Jar im Donezker Gebiet unter russischer Kontrolle. Ukrainische Militärbeobachter kennzeichnen den Ort zwar bereits seit mehreren Tagen als russisch kontrolliert, jedoch dauern die Kämpfe dem ukrainischen Generalstab zufolge auch um den Ort weiter an.

Konfliktparteien als Quelle
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Russische Truppen sind seit Monaten in der Ostukraine auf dem Vormarsch. Die Situation hat sich seit dem ukrainischen Vorstoß ins russische Grenzgebiet Kursk im August und der Verlegung von mehreren Brigaden aus der Ostukraine in das neue Operationsgebiet noch weiter verschlechtert. Mehrere Kleinstädte konnten seither von russischen Truppen erobert werden. 

Toter in Saporischschja

Dazu attackieren russische Truppen weiter Ortschaften im Süden und Zentrum der Ukraine. Nach ukrainischen Angaben starben bei einem Angriff auf einen Marktplatz in Cherson mindestens sechs Menschen. Mehrere wurden verletzt, teilte die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft mit. Sie erklärte, der Angriff sei sehr wahrscheinlich von russischen Artilleriegeschützen ausgegangen. Geschosse seien nahe einer Haltestelle eingeschlagen.

Gouverneur Olexander Prokudin veröffentlichte ein Video der Todesopfer, die neben Gemüseständen lagen.

In Saporischschja starb nach Angaben des Regionalgouverneurs Ivan Fedorov ein Mensch, sechs weitere wurden verletzt, nachdem russische Raketen in ein Wohngebäude einschlugen.

Berichte über Folter und Misshandlungen der Kriegsgefangenen

Unterdessen prangert das UN-Menschenrechtsbüro in der Ukraine in einem Bericht Folter und Misshandlungen von ukrainischen und russischen Kriegsgefangenen an. Allerdings waren die Ukrainer nach eigenen Angaben während ihrer ganzen Gefangenschaft betroffen, während Russen, sobald sie in Gefangenenlagern ankamen, sicher waren, sagte Danielle Bell, Leiterin der UN-Beobachtermission für Menschenrechte in der Ukraine. Auf beiden Seiten wurden demnach mehrere Hundert Gefangene befragt. 

Die ukrainischen Kriegsgefangenen erlebten "weitreichende und systematische Folter", sowohl bei der Festnahme als auch in verschiedenen Internierungslagern und Gefängnissen, in den besetzten Gebieten in der Ukraine und in Russland, hieß es im Bericht.

Die Kriegsgefangenen berichteten demnach unter anderem über Schein-Exekutionen, Hundeattacken und sexuelle Gewalt, mangelnde medizinische Versorgung und zu wenig Essen. Mindestens zehn Ukrainer seien wegen dieser Zustände ums Leben gekommen. Russland erlaube trotz permanenter Nachfrage keinen Zugang zu den ukrainischen Kriegsgefangenen. Die UN-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter hätten nach ihrer Freilassung mit ihnen gesprochen.

Zu den russischen Kriegsgefangenen in der Ukraine habe das Team uneingeschränkten Zugang. Sie hätten über Schläge und Folter bei der Festnahme oder dem Transport berichtet. In den Internierungslagern würden sie aber korrekt behandelt und die Einrichtungen entsprächen aber internationalen Standards, sagte Bell. 

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 01. Oktober 2024 um 16:51 Uhr.