Nach Ende des Getreideabkommens Angriffe, Forderungen und eine Drohung
Erst das Ende des Getreideabkommens, dann Angriffe auf Odessa - nun hat Moskau eine Warnung an die Schifffahrt im Schwarzen Meer gerichtet. Ab Donnerstag würden Schiffe, die ukrainische Häfen ansteuern, als mögliche Gegner behandelt.
Nach dem Ende des Abkommens über die Ausfuhr ukrainischen Getreides will Russland bestimmte Schiffe in Teilen des Schwarzen Meeres als mögliche Gegner behandeln. Ab Donnerstag um Mitternacht (Mittwoch, 23 Uhr MESZ) würden Schiffe, die ukrainische Häfen ansteuern, als "potenzielle Träger militärischer Fracht" gewertet, teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit. Ihre Flaggenstaaten würden dann als Konfliktparteien aufseiten der Ukraine eingestuft.
Im Zusammenhang mit dem Ende der Schwarzmeer-Initiative sei eine Warnung an die Schifffahrt herausgegeben worden, hieß es weiter. Demnach seien Bereiche des Nordwestens und des Südostens der internationalen Gewässer des Schwarzen Meeres als gefährlich für die Schifffahrt eingestuft worden.
Die USA warnten, das russische Militär plane mögliche Angriffe auf zivile Schiffe in der Region. Ihnen lägen Informationen vor, wonach Russland weitere Seeminen in Zugängen zu ukrainischen Häfen platziert habe, teilte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Adam Hodge, mit. Das Weiße Haus gehe davon aus, dass es sich um ein koordiniertes Vorgehen handele, um jedwede Attacken auf zivile Schiffe im Schwarzen Meer zu rechtfertigen und der Ukraine die Schuld daran zu geben.
Putin: Rückkehr nur unter Moskaus Bedingungen
Unter großer internationaler Kritik hatte der Kreml das Getreide-Abkommen am Montag nach rund einjähriger Laufzeit nicht mehr verlängert. Damit wurden auch Sicherheitsgarantien für einen sicheren Transport von Agrargütern aus drei ukrainischen Schwarzmeerhäfen aufgekündigt. Als Grund führte der Kreml Forderungen an, die angeblich nicht erfüllt worden seien.
Präsident Wladimir Putin sagte der Agentur Interfax zufolge bei einem Treffen mit Regierungsvertretern: "Sobald alle diese Bedingungen, auf die wir uns früher geeinigt haben, erfüllt sind (...), werden wir sofort zu diesem Abkommen zurückkehren." Moskau behauptet, westliche Staaten hätten die zugesicherten Erleichterungen für russische Dünge- und Nahrungsmittelexporte nicht ausreichend umgesetzt. Das Abkommen vom Juli 2022 hatte geregelt, dass die Ukraine trotz des russischen Angriffskrieges Getreide aus drei Häfen am Schwarzen Meer verschiffen kann.
Erneut Angriffe auf Odessa
In der Nacht geriet die Region Odessa die dritte Nacht in Folge unter Beschuss. Lokalen Medienberichten zufolge waren wieder Explosionen in der Nähe des Hafens von Odessa zu hören. Die Luftverteidigung sei aktiv gewesen. Die ukrainische Luftwaffe warnte bei Telegram, es seien Abschüsse von Überschall-Schiffsabwehrraketen in Richtung der Region Odessa registriert worden. Sie rief die Menschen auf, in Deckung zu bleiben
In der Nacht auf Mittwoch hatten die russischen Truppen das zweite Mal in Folge mit Raketen und Drohnen die südukrainische Metropole angegriffen. Es war die schwerste Attacke seit Kriegsbeginn vor 17 Monaten, wie Bürgermeister Hennadij Truchanow auf Facebook schrieb. Über den Schwarzmeerhafen liefen viele ukrainische Agrarexporte im Rahmen des aufgekündigten Abkommens.
Selenskyj fordert besseren Schutz von Häfen
Im Interview mit der tagesschau sagte der ukrainische Agrarminister Mykola Solskyj, bei den ersten beiden Angriffswellen seien Zehntausende Tonnen Getreide vernichtet und wichtige Technik zerstört worden. Der weitere Export über das Schwarze Meer sei daher ungewiss. Präsident Wolodymyr Selenskyj beklagte, Russland ziele "absolut bewusst" auf Hafenanlagen und Getreidelager. Er forderte weitere Hilfe bei der Luftverteidigung. "Bei jedem solchen Angriff appellieren wir immer wieder an unsere Partner: Die ukrainische Luftverteidigung muss gestärkt werden", sagte Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache.
Zu der Aufkündigung des Abkommens und jüngsten Angriffen auf Odessa sagte Andrij Jermak, Leiter des Präsidialamtes in Kiew: "Der russische Terror bei Odessa beweist ein weiteres Mal: Sie brauchen Hunger und Probleme in den Ländern des Globalen Südens. Sie möchten eine Flüchtlingskrise für den Westen schaffen."
Weizen wird teurer
An den US-Terminmärkten stieg der Weizenpreis nach den russischen Angriffen auf Odessa um gut fünf Prozent auf 6,69 US-Dollar je Scheffel. Schon zu Wochenbeginn hatte das Getreide in der Spitze um 4,2 Prozent an Wert zugelegt, nachdem Russland das Getreideabkommen nicht verlängert hatte.