Krieg gegen die Ukraine Moskau setzt Angriffe im ganzen Land fort
Bei Angriffen auf zivile Gebäude in Kiew sollen ein Mensch getötet und mindestens 19 verletzt worden sein. In Lwiw wurde eine Flugzeugwerkstatt beschossen. Die Ukraine hofft, heute neun Fluchtkorridore öffnen zu können.
Moskau hat die landesweite Bombardierung der Ukraine fortgesetzt. Noch vor Tagesanbruch heulten in Städten im ganzen Land die Alarmsirenen.
Bei einem Angriff auf ein Wohnviertel in der Hauptstadt Kiew wurden nach Angaben von Bürgermeister Vitali Klitschko ein Mensch getötet und 19 weitere verletzt. Unter den Verwundeten im Stadtteil Podil seien vier Kinder, sagte Klitschko in einem Video, das er auf Telegram veröffentlichte. Russische Truppen hätten Wohnhäuser, Kindergärten und eine Schule beschossen. Die Angaben ließen sich zunächst nicht überprüfen.
Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch offizielle Stellen der russischen und der ukrainischen Konfliktparteien können in der aktuellen Lage nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.
Berichten zufolge ereigneten sich nahe der westukrainischen Großstadt Lwiw am Morgen heftige Explosionen. "Mehrere Raketen schlugen in einer Fabrik ein, in der Flugzeuge repariert werden", schrieb Bürgermeister Andrij Sadowyj auf Facebook. Opfer gebe es bislang keine, der Betrieb sei vorher eingestellt worden. Das Flughafengelände sei angegriffen worden, der Flughafen selbst aber nicht getroffen.
Russische Armee angeblich im Zentrum von Mariupol
Unterdessen teilte das Verteidigungsministerium in Moskau mit, dass seine Truppen ins Stadtzentrum der belagerten Hafenstadt Mariupol im Südosten vorgedrungen seien und dort gemeinsam mit ihren separatistischen Verbündeten kämpften.
Die Lage am bombardierten Theater von Mariupol ist unklar. Der Bombenschutzkeller des Gebäudes habe den Beschuss überstanden und einige Erwachsene und Kinder seien lebend hinausgekommen, erklärte die Menschenrechtsbeauftragte des ukrainischen Parlaments, Ljudmila Denisowa. Die Arbeiten, um den Zugang zum Keller freizubekommen, dauerten an.
Der ukrainische Abgeordnete Sergiy Taruta erklärte, Russlands Blockade der Stadt behindere die Rettungsbemühungen. Zwar hätten es einige Menschen aus dem zerstörten Theater hinaus geschafft. Aber die anderen, "die das Bombardement überlebt haben, werden unter den Trümmern des Theaters sterben, oder sind schon tot", so Taruta.
Schätzungen zufolge hatten etwa 1000 Menschen in dem Theaterkeller Schutz gesucht. Nach ukrainischen Angaben hatte Russland das Theater bombardiert, obwohl vor beiden Seiten des Gebäudes gut sichtbar das Wort "Kinder" auf Russisch auf den Boden geschrieben worden war. Russland wies den Vorwurf zurück, den Angriff verübt zu haben.
Menschen sitzen in Mariupol fest
In Mariupol bleibt die humanitäre Lage indes katastrophal. 80 bis 90 Prozent der Stadt seien zerstört, es gebe kein einziges intaktes Gebäude, berichtete der stellvertretende Bürgermeister Sergej Orlow ukrainischen Medien.
Die Menschen können die Stadt nicht verlassen, auch weil die Einrichtung von Fluchtkorridoren immer wieder scheitert.
Evakuierung in Luhansk kommt nicht voran
Auch in der ostukrainischen Region Luhansk verhindert den Behörden zufolge Beschuss durch russische Streitkräfte eine sichere Evakuierung von Städten und Dörfern an der Front.
Der Gouverneur von Luhansk, Serhij Gaidai, sagte im staatlichen Fernsehen: "Es gibt keine einzige Gemeinde, die nicht unter Beschuss geraten ist." Er nannte die Städte Sewerodonezk, Rubischne und Popasna als besondere Brennpunkte.
Weiß schraffiert: Vormarsch der russischen Armee. Grün schraffiert: von Russland unterstützte Separatistengebiete. Krim: von Russland annektiert.
Laut Ukraines Vizeregierungschefin Iryna Wereschtschuk sind für Freitag landesweit erneut neun Fluchtkorridore geplant: Aus Mariupol sollen Menschen ins nordwestlich gelegene Saporischschja fliehen können. Weitere sogenannte Korridore soll es beispielsweise in der nordöstlichen Region Sumy geben, die aus verschiedenen Städten ins zentralukrainische Poltawa führen.
Nach Mariupol sei noch immer ein Tanklaster mit Kraftstoff für Privatautos auf dem Weg. Zahlreiche Zivilisten versuchen seit Tagen, in ihren eigenen Fahrzeugen die Stadt zu verlassen.
Mit Informationen von Palina Milling, WDR, für das ARD-Studio Moskau