Selenskyj im ARD-Interview "Wenn ihr 'Leopard'-Panzer geben könnt, dann gebt sie"
Der ukrainische Präsident Selenskyj hat die Bundesregierung im ARD-Interview scharf für ihre zögerliche Haltung in der Kampfpanzer-Frage kritisiert. "Bei uns sterben Menschen - jeden Tag", sagte er. Sein Land wolle sich nur verteidigen.
Mit Unverständnis blickt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj auf die zögerliche deutsche Haltung bei der Lieferung von Kampfpanzern: "Ihr seid doch erwachsene Leute. Sie können gerne noch sechs Monate lang so reden, aber bei uns sterben Menschen - jeden Tag", sagte Selenskyj im Interview mit der ARD.
"Wenn ihr 'Leopard'-Panzer habt, dann gebt sie uns. Es ist ja nicht so, dass wir angreifen, falls sich da jemand Sorgen macht. Diese 'Leoparden' werden nicht durch Russland fahren. Wir verteidigen uns."
Die Entscheidung für oder gegen die Lieferung von "Leopard"-Panzern sei eine politische: "Und wenn es in einer Frage keinen politischen Willen gibt, dann muss man nicht nach Vorwänden suchen. Dann sagt man: Nein! Man muss nicht sagen, dass irgendetwas oder irgendwer noch nicht bereit ist", sagte Selenskyj.
Scholz steht unter Druck - und stellt wohl Bedingungen
In den vergangenen Wochen hatte sich der internationale Druck insbesondere auf Kanzler Olaf Scholz stetig verstärkt. Die Bundesregierung solle wenigstens Lieferungen von "Leopard"-Panzern anderer Länder an die Ukraine genehmigen, noch besser aber zusätzlich eigene "Leoparden" liefern, hieß es etwa von osteuropäischen Staaten. Aufgrund deutscher Bestimmungen muss die Bundesregierung die Lieferung deutscher Waffensysteme genehmigen, egal welches Land sie exportieren will.
Scholz betonte immer wieder, keine "Alleingänge" machen zu wollen - auch nachdem Großbritannien die Lieferung eigener "Challenger"-Kampfpanzer angekündigt hat.
Zuletzt berichteten mehrere Medien übereinstimmend, dass Scholz gegenüber den USA Bedingungen formuliert habe: Deutschland werde die "Leoparden" nur freigeben, wenn die USA im Gegenzug eigene Kampfpanzer vom Typ "Abrams" liefern. Vertreter der US-Regierung machten aber gegenüber verschiedenen Medien deutlich, dass Washington dies derzeit nicht plane. Zu wartungsintensiv, zu kompliziert seien die eigenen Panzer.
Pistorius: Bedingung sei ihm nicht bekannt
Der neue Verteidigungsminister Boris Pistorius erklärte im ARD-Brennpunkt, eine solche Bedingung sei ihm nicht bekannt. Auf die Frage, ob Deutschland also auch ohne die USA Kampfpanzer liefern werde, sagte er: "Ich bin ziemlich sicher, dass wir in den nächsten Tagen eine Entscheidung dazu bekommen werden. Wie die aussehen wird, kann ich Ihnen aber heute noch nicht sagen."
Heute beraten auf dem US-Stützpunkt Ramstein in Rheinland-Pfalz Vertreter der Unterstützerländer der Ukraine über weitere Militärhilfen und auch über die Kampfpanzer-Frage.
Dennoch Dank an Deutschland - und die USA
Im ARD-Interview wünschte sich Selenskyj auch für den ukrainischen Luftraum mehr Unterstützung: "Es geht dabei um die Verteidigung des Himmels. Man würde sehr gerne eine neue Seite in diesem Krieg aufschlagen, in dieser Verteidigung." Die Ukraine wünsche sich, "dass die Russen nicht die Kontrolle über unseren Luftraum haben", sagte Selenskyj.
Zugleich dankte er der Bundesregierung für bisher gelieferte Hilfs- und Militärpakete: "Wir sind dankbar. Ich will, dass alle das hören: Wir sind Deutschland dankbar."