Region Luhansk Heftige Gefechte, verzweifelte Zivilisten
Die Region Luhansk in der Ostukraine ist inzwischen Schauplatz besonders heftiger Gefechte. Zivilisten versuchen verzweifelt, die Region zu verlassen. Unterdessen bemüht sich Präsident Selenskyj, der Bevölkerung Mut zu machen.
Seine Haare sind kurz geschoren und fast am gesamten Körper trägt er Tattoos. Es sind Bilder aus russischen Medien, die einen der letzten ukrainischen Soldaten zeigen sollen, der sich noch im Asow-Stahlwerk verschanzt hatte. Jetzt begibt sich der Mann in Kriegsgefangenschaft, muss sich bis auf die Unterhose ausziehen und seine Tätowierungen zeigen.
Auf pro-russischen Telegramkanälen wird der Sieg über die - so wörtlich - "Nazis" aus Asowstahl gefeiert. In der Ukraine erinnert Präsident Wolodmyr Selenskyj derweil an all jene, die im Kampf um Mariupol ihr Leben verloren haben. "Sehr viele unserer Piloten sind gestorben. Sie sind absolute Helden", sagt er. Die Soldaten hätten gewusst, dass es sehr schwierig - fast unmöglich war - nach Asowstahl zu fliegen und den Soldaten Medikamente, Lebensmittel und Wasser zu bringen. Und auch Verwundete zu bergen. "Das alles ist passiert. Es sind viele Dinge passiert, die niemand offiziell kommentieren konnte."
"Wir wollen alle Territorien zurück"
Jetzt liege es am Roten Kreuz, der UN und Russland die Sicherheit der Soldatinnen und Soldaten zu garantieren, so der Präsident. Er spricht nach wie vor von einer Evakuierung. Denn er gibt sich überzeugt: Man werde die Soldaten in einem Kriegsgefangenenaustausch zurück in die Ukraine holen. Und nicht nur die Soldaten, auch die verlorenen Territorien wolle man zurück, kündigt Selenskyj an.
"Der Sieg wird schwierig sein, er wird blutig und auf jeden Fall im Kampf erzielt werden." Aber das Ende werde in der Diplomatie liegen. "Davon bin ich überzeugt. Es gibt Dinge, die wir nicht zu Ende bringen können, ohne uns an den Verhandlungstisch zu setzen. Denn wir wollen alle Territorien zurück, aber Russland will nichts zurückgeben."
Die Mutter starb im Krankenhaus
Und blutig ist es auch jetzt schon. Vor allem in der Region Luhansk. In der Stadt Lysychansk hält Dmytro Mosur seine beiden Zwillinge auf dem Arm und seine Tränen geradeso zurück. Er will seine Töchter in Sicherheit bringen. Für seine Frau ist es bereits zu spät. "Sie ist gestorben. Ich glaube, das war bei einem Mörserangriff. Sie wurde von einem Splitter in den Kopf getroffen. Sie starb im Krankenhaus", erzählt er.
Jetzt könne er nur nach daran denken, seine Kinder zu retten, sagt Mosur. Doch der Weg heraus aus der umkämpften Stadt ist schwierig. Das weiß auch Kohlekumpel Sergej Tokarew. "Wenn es mein Schicksal ist, hier zu sterben, werde ich hier sterben. Aber wenn nicht, dann werde ich weiterhin Menschen herausholen", sagt er.
Einschüsse in der Windschutzscheibe
Tokarew fährt einen weißen Kleinbus - wobei man von Fahren kaum sprechen kann. Mindestens sechs Einschusslöcher in der Windschutzscheibe, der linke Vorderreifen ist zerfetzt, hinten rechts ist nur noch die Felge übrig.
Der Wagen hoppelt mehr, als dass er rollt. Aber Tokarew macht weiter. 38 Menschen können an diesem Tag aus der Region in Sicherheit gebracht werden.