Gedenkfeier für Warschauer Ghetto Steinmeier bittet um Vergebung
Zehntausende Juden starben im Warschauer Ghetto an Unterernährung, Krankheiten oder während des Aufstandes. Bundespräsident Steinmeier hat nun mit den Staatschefs von Polen und Israel der Opfer gedacht - und um Vergebung gebeten.
Anlässlich des 80. Jahrestags des Aufstandes im Warschauer Ghetto hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier zusammen mit den Staatschefs Polens und Israels an die Opfer der deutschen Besatzer und die NS-Verbrechen im Zweiten Weltkrieg erinnert. Steinmeier, der polnische Präsident Andrzej Duda und ihr israelischer Kollege Isaac Herzog nahmen an einer Gedenkfeier vor dem Ehrenmal für die Helden des Warschauer Ghettos teil.
"Ich stehe heute vor Ihnen und bitte um Vergebung für die Verbrechen, die Deutsche hier begangen haben", sagte Steinmeier in seiner Rede. Mit ihm sprach erstmals ein deutsches Staatsoberhaupt eine Gedenkrede zum Jahrestag. Das Ghetto-Ehrenmal ist seit dem Kniefall des damaligen Bundeskanzlers Willy Brandt im Dezember 1970 auch ein prägender Ort für die deutsch-polnische Aussöhnung. Vor der Gedenkfeier traf sich Steinmeier mit Holocaust-Überlebenden.
Steinmeier: Versöhnung ist ein Geschenk
"Deutsche haben das Menschheitsverbrechen der Shoah minutiös geplant und durchgeführt. Deutsche haben Europas Jüdinnen und Juden, die Jüdinnen und Juden Warschaus mit unvorstellbarer Grausamkeit und Unmenschlichkeit verfolgt, versklavt, ermordet", erklärte Steinmeier weiter.
Viele Menschen in Polen und in Israel hätten den Deutschen trotz des Menschheitsverbrechens der Shoah die Versöhnung geschenkt. "Ein Geschenk, das wir nicht erwarten konnten und nicht erwarten durften", so der Bundespräsident. "Wir müssen und wir wollen das Wunderwerk der Versöhnung bewahren und in die Zukunft führen."
Zugleich erinnerte Steinmeier an den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. "Nie wieder, das bedeutet, dass es in Europa keinen verbrecherischen Angriffskrieg wie den Russlands gegen die Ukraine geben darf", sagte er. Und es bedeute auch, dass "wir, die liberalen Demokratien, stark sind, wenn wir gemeinsam und vereint handeln". Er bekräftigte, Deutschland stehe fest an der Seite der Ukraine. Das Land werde mit den anderen Bündnispartnern humanitär, politisch und militärisch unterstützt.
Zehntausende starben im Warschauer Ghetto
Im Warschauer Ghetto waren zeitweise rund 450.000 Juden auf engstem Raum unter unmenschlichen Bedingungen zusammengepfercht. Zehntausende Menschen starben an Unterernährung, Krankheiten oder durch Exekutionen. Im Sommer 1942 wurden mehr als 240.000 Bewohner aus dem Ghetto deportiert und ermordet. Im sogenannten Restghetto lebten anschließend noch rund 50.000 Menschen.
Am 19. April 1943 erhoben sich dann Hunderte jüdische Kämpfer gegen die deutschen Besatzer, die den Aufstand mit großer Brutalität niederschlugen und dabei das gesamte Ghetto in Brand setzten. Die Gefechte dauerten bis zum 16. Mai und endeten mit der Zerstörung der Großen Warschauer Synagoge. Tausende Menschen wurden bei den Kämpfen getötet, die meisten anderen Ghetto-Bewohner in Vernichtungslager deportiert, nur wenige überlebten den Aufstand.