Skandal für Premier Starmer Wenn Gratis-Tickets die politische Arbeit überschatten
Labour werde alles besser machen als die Tories - so das Credo des neuen britischen Premiers Starmer. Doch vor dem Parteitag hat er seinen ersten Skandal am Hals. Es geht um Geschenke - und darum, wie er sich rechtfertigt.
Was kriegen wir von diesem Premier und seiner konservativen Regierung? Zweifelhafte Verträge, Jobs für die eigenen Kumpel und Chancen gegen Geld. Da sitzt er, der Premierminister, da sitzt die Korruption.
Das war 2021. Keir Starmer von der Labour-Partei war da noch Oppositionsführer, als er offen Kritik übte am Premierminister Boris Johnson von den Tories. Und "Tory Sleaze" war ein gängiges Schlagwort: Die korrupten Tories, die rauschende Partys schmissen, während die Bevölkerung im Corona-Lockdown saß, die im Parlament Pornos schauten oder nicht offenlegten, wer ihnen Urlaube in Luxusvillen finanziert hatte.
Geschenke für mehr als 100.000 Pfund
Doch nun scheint sich der Wind gedreht zu haben, finden einige Kommentatoren: Nun sei es Premier Starmer, der korrupt handele, mit all diesen Geschenken, stellt John Sopel im Podcast The News Agents fest. Starmer hat, zu diesem Schluss kommen vor allem die konservativen Zeitungen, ein sogenanntes Freebie-Problem.
Es geht um eine 18 Millionen Pfund teure Penthouse-Wohnung von einem der größten Labour-Geldgeber. Dort soll Starmer mehrere politische Treffen abgehalten haben. Und es geht um geschenkte Tickets für Fußballspiele und ein Taylor-Swift-Konzert, um Anzüge für ihn selbst, Kleider für seine Frau und um mehrere Paar Brillen.
Starmer deklarierte Geschenke im Wert von insgesamt mehr als 100.000 Pfund - umgerechnet etwa 120.000 Euro. Mehr also, als jeder andere britische Parlamentarier in den letzten fünf Jahren erhalten habe, wie die Tory-nahen Zeitungen prompt titelten und ausschlachteten. Für die Opposition ein gefundenes Fressen.
Exklusive Zuschauerloge billiger als Sicherheitskräfte?
Starmer sei auf diese "moralischen Kreuzzüge" gegangen. Nun müsse er erklären, warum seine Worte nicht zu seinen Taten passten, sagt James Cleverly, Ex-Innenminister der Konservativen.
Das versuchte Starmer auch. Etwa bei den Fußballtickets für die exklusive Zuschauerloge von Erstligist Arsenal London: "Es wäre viel teurer, wenn mich die Sicherheitskräfte auf die Tribüne begleiten müssten. Deswegen bin ich woanders hingegangen. Sonst würde es die Steuerzahler ein Vermögen kosten und das mute ich ihnen nicht zu."
Als Anfängerfehler oder Kommunikationsfehler könnte man das werten. Denn dass Parlamentarier Geschenke bekommen, ist weder unrechtmäßig noch ungewöhnlich. In diesem Sinne stehen Starmers "Freebies" kaum im Verhältnis zu "Partygate" und Porno-Pannen. Doch gut sieht es nicht aus. Vor allem, wenn der Premier harte Sparmaßnahmen unter anderem für Rentner angekündigt hat und ständig von weiteren "schmerzvollen Entscheidungen" spricht.
Besser spenden als rechtfertigen
Das seien sicherlich Fehlentscheidungen gewesen, sagt Harriet Harmann, Labour-Abgeordnete aus dem House of Lords. Nicht allzu dramatisch. Aber Starmer mache es nicht besser, indem er nun versuche, die Geschenke zu rechtfertigen. Er solle den Fehler eingestehen und das Geld spenden, so ihr Vorschlag.
Wahrscheinlich würde Starmer am liebsten gar nicht mehr über die Materie reden. Und sich beim Parteitag darauf konzentrieren, was Labour in seiner kurzen Amtszeit seiner Meinung nach schon alles geschafft oder angestoßen hat: höhere Gehälter im Öffentlichen Dienst, die Beendigung des Tarifstreits mit Assistenzärzten, die Verstaatlichung der Bahn. Doch all das wird nun überschattet - von Brillen, Anzügen und Taylor-Swift-Tickets.