Neuwahl in Spanien Sánchez löst nach Wahlschlappe Parlament auf
Bei den Regional- und Kommunalwahlen erzielten Spaniens oppositionelle Konservative gestern starke Stimmengewinne - als Konsequenz hat der sozialdemokratische Regierungschef Sánchez jetzt eine Neuwahl angesetzt.
Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez löst das Parlament auf und hat für den 23. Juli eine Neuwahl angesetzt. Er reagiere damit auf das Ergebnis der gestrigen Regionalwahl, sagte er. Ursprünglich war die Wahl für Dezember angesetzt gewesen. Damit geht die viertgrößte Wirtschaft der Europäischen Union in eine Wahl, während das Land ab dem 1. Juli turnusgemäß für ein halbes Jahr die Ratspräsidentschaft innehat.
Zwar habe es sich bei den Abstimmungen am Sonntag um Regionalwahlen gehandelt, sagte Sanchez. "Die Bedeutung der Ergebnisse geht aber darüber hinaus." Deshalb übernehme er als Ministerpräsident und Parteichef die Verantwortung. Sánchez führt in Madrid eine linke Koalition an, die im Parlament keine eigene Mehrheit hat, sondern auf wechselnde Partner angewiesen ist.
Starke Gewinne für konservative Opposition
Das regierende Linksbündnis um Sánchez' sozialistische Partei PSOE hatte einen schweren Dämpfer erlitten. Die konservative Volkspartei (PP) erzielte starke Stimmengewinne sowohl in den Autonomen Gemeinschaften, die den deutschen Bundesländern entsprechen, als auch in vielen der insgesamt rund 8100 Kommunen. Auch die rechtspopulistische Partei Vox legte zu.
Nach Auszählung von mehr als 97 Prozent der Stimmzettel für die Kommunalwahlen erhielt die PSOE 28,18 Prozent, die PP kam demnach auf 31,47 Prozent. Auch die linksgerichtete Podemos, Koalitionspartner der PSOE, erlitt ersten Ergebnissen aus den Regionen zufolge Stimmenverluste.
PP löst PSOE in vielen Regionen ab
Medienberichten zufolge dürfte die PP die PSOE in mehreren Regionen ablösen. In zehn der zwölf Regionen, in denen abgestimmt wurde, regiert bislang die PSOE. In sechs dieser Regionen wird sie nun von der PP abgelöst.
Zudem dürfte die PSOE das Rathaus von Sevilla, der größten Stadt Andalusiens, an die PP verlieren, wie der spanische Fernsehsender TVE berichtete. Bislang hatte die südspanische Metropole als Hochburg der Sozialdemokraten gegolten. Gleichzeitig gelang der PSOE nicht die erhoffte Rückeroberung des Rathauses von Barcelona.
"Enormer Wunsch nach Veränderung"
"In Spanien gibt es einen enormen Wunsch nach Veränderung, und die Alternative heißt PP. Dieser Wunsch nach Veränderung und diese Alternative sind unaufhaltsam", sagte PP-Sprecherin Cuca Gamarra. Dafür benötigt die PP aber vielerorts die rechtspopulistische Vox, die ebenfalls zulegen konnte. Am Wahlabend wollten sich PP-Vertreter nicht festlegen, ob sie weitere Bündnisse mit Vox eingehen würden, schon gar nicht, ob sie dies nach der Parlamentswahl in Erwägung ziehen würden.
Vox-Chef Santiago Abascal betonte selbstbewusst, seine Partei sei jetzt unverzichtbar für den "Kampf gegen Sozialismus und gegen Kommunismus" geworden. Vox habe sich endgültig als landesweite Kraft etabliert, betonte er.
Heftiger Streit innerhalb der Regierungskoalition
Spanien war unter der linken Minderheitsregierung von Sánchez relativ gut durch die Corona-Pandemie gekommen. Die wirtschaftliche Lage ist auch wegen EU-Milliarden-Hilfen vergleichsweise stabil. Aber die Arbeitslosigkeit ist im europäischen Vergleich immer noch hoch. Darüber hinaus bot Streit innerhalb der ersten Koalitionsregierung seit den 1930er-Jahren der Opposition immer wieder viel Munition.
Die Inflation, die Folgen des Ukraine-Kriegs und mehrere Affären trieben Sánchez zunehmend in die Enge. Als Fiasko erwies sich im "Superwahljahr" etwa ein neues Sexualstrafrecht. Es sollte das Vorzeigeprojekt der Regierung sein. Doch plötzlich öffnete es Dutzenden Sexualverbrechern vorzeitig die Zellentüren - und führte auch innerhalb der Regierungskoalition zu einem heftigen Streit.