SIPRI-Bericht Mehr einsatzbereite Atomwaffen auf der Welt
Die Zahl der einsatzbereiten Atomwaffen ist 2023 wieder gestiegen. Das geht aus dem Jahresbericht des Forschungsinstituts SIPRI hervor. Erstmals sehe es so aus, als ob auch China Sprengköpfe einsatzbereit halte.
Aufrüsten scheint das Gebot der Stunde zu sein: Je angespannter die Weltlage, desto mehr gewinnen Nuklearwaffen wieder an Bedeutung, heißt es im Bericht des Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI). Zwar sei die Zahl atomarer Sprengköpfe insgesamt zurückgegangen, rechnet Analyst Dan Smith vor. Doch das hänge ausschließlich damit zusammen, dass Altbestände abgebaut würden.
Er schaut mit Sorge auf die Zahl der einsatzbereiten atomaren Waffen. Etwa 2.100 befänden sich in höchster Einsatzbereitschaft. Die Zahl akut verfügbarer Waffen habe zuletzt wieder leicht zugenommen, sagt er. "Das ist eine relativ neue Entwicklung seit zwei bis drei Jahren. Und das hat sich 2023 fortgesetzt", sagte Smith.
USA, Russland und China im Fokus
Die meisten dieser akut einsatzbereiten Waffen besitzen die USA und Russland. Neu sei, dass auch China in Friedenszeiten atomare Sprengköpfe in hoher Einsatzbereitschaft halte. Überhaupt sei China das Land, das seine Bestände am schnellsten aufrüste, berichtet der Experte:
Dafür gibt es mehrere Gründe: China will den Status einer Großmacht erreichen - dazu gehören atomare Waffen. Dann bereitet sich China auf verschiedene Bedrohungen und Szenarien vor. Für jede Eventualität will man sich rüsten und das treibt die Zahl auch weiter nach oben. Und man will auf einen möglichen Überraschungsangriff vorbereitet sein, bei dem eigene Waffen zerstört werden könnten. Ein größerer Besitz könnte das erschweren.
Neun Länder besitzen Atomwaffen
Der wirtschaftliche Aufschwung Chinas sei ebenfalls ein Grund, weshalb das Land seit knapp 30 Jahren seine Militärausgaben kontinuierlich steigere. Insgesamt neun Länder besitzen Atomwaffen: Die USA und Russland, Großbritannien, Frankreich, China, Indien, Pakistan, Nordkorea und Israel.
Alle Staaten würden ihre Bestände weiter modernisieren, glaubt SIPRI-Analyst Smith. "Da geht es um mehr Präzision, um größere Reichweiten oder mehr Sprengköpfe pro Rakete. Atomwaffen sollen besser versteckbar sein, um sie so überlebensfähiger zu machen", sagt Smith.
Großbritannien habe etwa eine neue Generation von U-Booten bestellt, nachdem das Land zuvor eine neue Generation von Raketen bestellt habe: "Das ist ein fortlaufender Prozess, die Bestände stehen niemals still."
SIPRI fordert Kooperation von Staaten
Dass Atomwaffen zum Einsatz kommen, hält Smith für nicht sehr wahrscheinlich. Trotzdem solle man das Risiko ernst nehmen, denn die Auswirkungen wären mehr als katastrophal. Und die Welt befände sich gerade in einer multiplen Krise - das erfordere Kooperation der Staaten.
Wir müssen auch in anderen Bereichen zusammenarbeiten: Beim Klimawandel oder in der Vorbereitung der nächsten Pandemie, beim Welthandel oder der Eindämmung internationaler Kriminalität.
Das Stockholmer Friedensforschungsinstitut SIPRI ist eine unabhängige Institution, die jährlich Berichte beispielsweise zu Waffenhandel, Rüstungsindustrie und Militärausgaben veröffentlicht. Finanziert wird SIPRI zu wesentlichen Teilen von der schwedischen Regierung.