Nach tödlichem Raketenangriff Ausnahmezustand für Sewastopol verhängt
Für Sewastopol auf der von Russland besetzten Krim ist der Ausnahmezustand verhängt worden. Zuvor hatte es Raketenangriffe gegeben. Der Kreml sieht eine Beteiligung der USA, diese weisen das zurück.
Einen Tag nach dem ukrainischen Raketenangriff mit mehreren Toten und Verletzten haben die Behörden der Hafenstadt Sewastopol auf der von Russland annektierten Krim den Ausnahmezustand verhängt. Das geht aus einem Dekret von Gouverneur Michail Raswosschajew hervor, das russische Nachrichtenagenturen veröffentlichten. Mit dem Ausnahmezustand können Verfassungsrechte der Bürgerinnen und Bürger eingeschränkt werden, etwa die Bewegungsfreiheit.
Offiziellen Informationen zufolge wurden bei dem Angriff vier Menschen getötet und 151 verletzt. Unter den Toten sollen auch zwei Kinder sein. 79 Personen sind noch im Krankenhaus. 21 Menschen, darunter elf Kinder, sollen wegen der Schwere ihrer Verletzungen nach Moskau ausgeflogen werden.
Die meisten Opfer befanden sich an einem Stadtstrand von Sewastopol, als Raketentrümmer heruntergingen und explodierten, behaupten die Behörden. Von russischen Medien veröffentlichte Videos zeigen Menschen an einem Strand, die nach Explosionen die Flucht ergreifen.
Moskau: Gezielter Angriff auf Zivilisten
Einen Luftalarm gab es nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa am Sonntag nicht. Zunächst hatte das russische Militär erklärt, die Rakete abgeschossen zu haben, die Aussage danach aber widerrufen. Später hieß es, die ukrainischen Flugkörper seien zielgerichtet auf die Zivilisten abgeschossen worden. Selbst in russischen Militärblogs wird diese Behauptung aber teils in Zweifel gezogen.
In der Nähe gibt es mehrere militärische Objekte. Berichte über angeblich getroffene Anlagen wurden allerdings bislang weder von der ukrainischen noch von der russischen Seiten bestätigt. Nach Medieninformationen wurde der Strandabschnitt für das Baden gesperrt.
Nach Angaben der russischen Armee soll die Ukraine insgesamt fünf Raketen abgefeuert haben, von denen vier von der Flugabwehr über dem Meer abgefangen worden seien. Sewastopol sei "am helllichten Tag mit ballistischen Raketen mit Streumunition" angegriffen worden, behauptete Gouverneur Raswoschajew.
Russland sieht USA in der Verantwortung
Moskau wies Washington eine Mitverantwortung für den Angriff zu, da dieser mit ATACMS-Raketen ausgeführt wurde, einer ballistischen Kurzstreckenrakete aus US-Produktion. Damit trage die US-Regierung Verantwortung für den "absichtlichen Raketenangriff auf Zivilisten in Sewastopol", so das russische Verteidigungsministerium. Die Flugdaten für diese Raketen würden "von US-Spezialisten auf der Grundlage von Daten der US-Satellitenaufklärung" eingegeben.
"Solche Aktionen werden nicht unbeantwortet bleiben", fügte das Ministerium hinzu. Das russische Ermittlungskomitee teilte mit, es habe eine Untersuchung wegen eines "Terrorakts" eingeleitet.
Die US-Regierung wies die russischen Vorwürfe einer Mitverantwortung zurück. "Die Ukraine trifft ihre eigenen Entscheidungen bezüglich der Ziele und leitet ihre eigenen Militäreinsätze", sagt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums. Die Ukraine äußerte sich zunächst nicht zu dem Raketenangriff auf Sewastopol.
Ukraine beschießt erneut Grenzregionen
Gouverneur Raswoschajew erklärte den heutigen Tag zum Tag der Trauer in der Stadt. Veranstaltungen wurden abgesagt.
Die Schwarzmeerstadt Sewastopol wird von der ukrainischen Armee regelmäßig ins Visier genommen. In der Hafenstadt befindet sich das Hauptquartier der russischen Schwarzmeerflotte. Die 2014 von Russland annektierte Krim ist ein wichtiger logistischer Knotenpunkt für die russische Armee.
So beschoss die ukrainische Armee in der Nacht erneut Ziele auf der Halbinsel. In der Hafenstadt Jewpatorija habe es mehrere Explosionen gegeben, berichtete die ukrainische Nachrichtenagentur Ukrinform. Auch die Behörden der Hafenstadt Sewastopol lösten - im Gegensatz zu den Angriffen am Sonntag - Luftalarm aus.
Angriffe in mehreren russischen Regionen
Bei Drohnenangriffen in der grenznahen russischen Region Belgorod wurden nach Angaben von Gouverneur Wjatscheslaw Gladkow ein Mensch getötet und drei weitere verletzt.
Insgesamt fing die russische Flugabwehr am Morgen nach Angaben des Verteidigungsministeriums mehr als 30 ukrainische Drohnen ab. Ziel der Geschosse seien die Regionen Brjansk, Smolensk, Lipezk und Tula im Westen des Landes gewesen.