Krieg gegen die Ukraine Erstes Telefonat zwischen Selenskyj und Xi
Erstmals seit Kriegsbeginn in der Ukraine haben deren Präsident Selenskyj und Chinas Staatschef Xi telefoniert. China versicherte, sich für Frieden einsetzen zu wollen. Dafür solle ein Sondergesandter in die Ukraine reisen.
Zum ersten Mal seit dem Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine haben der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und Chinas Staats- und Parteichef Xi Jinping miteinander telefoniert. Xi versicherte in dem Gespräch, sein Land werde sich für Verhandlungen und Frieden einsetzen. Doch nach wie vor verurteilt die Volksrepublik die russische Invasion nicht mit klaren Worten.
Angaben eines Sprechers des ukrainischen Präsidenten zufolge dauerte das Telefonat rund eine Stunde. Darin habe Xi Selenskyj versichert, dass China den Respekt der Souveränität und territorialen Integrität der Ukraine als Grundlage für die politischen Beziehungen zwischen beiden Ländern betrachte, zitierte das chinesische Staatsfernsehen den Präsidenten der Volksrepublik.
Von Krieg in der Ukraine sprach Xi laut chinesischen Staatsmedien allerdings nicht, dafür von "komplizierten Entwicklungen in der Ukraine-Krise". Chinas Staatschef warnte eindringlich vor einer weiteren, gar atomaren Eskalation dieses "Konflikts". "Es gibt keine Gewinner in einem Atomkrieg", warnte Xi. Sämtliche Beteiligten müssten sich "auf ihre Zukunft und ihr Schicksal und das der ganzen Menschheit konzentrieren" und sollten sich daher ruhig verhalten und Zurückhaltung üben.
China will Sondergesandten in Ukraine schicken
Xi betonte, China stehe "immer auf der Seite des Friedens" und werde sich für die "Förderung von Frieden und Verhandlungen" einsetzen. Mit diesem Ziel will die chinesische Regierung seinen Sondergesandten für eurasische Angelegenheiten in die Ukraine entsenden, der "mit allen am Frieden interessierten Parteien" Gespräche führen solle. Außerdem wolle China der Ukraine "im Rahmen seiner Möglichkeiten" humanitäre Hilfe zukommen lassen.
China hatte sich bereits als möglicher Vermittler angeboten und im Februar einen Zwölf-Punkte-Positionspapier vorgelegt, in welchem die Volksrepublik zum Waffenstillstand in der Ukraine und Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien aufgerufen hatte. Vom Westen wurde China jedoch scharf kritisiert, da es die russische Invasion in die Ukraine bislang nie verurteilt hat.
"Keine Partei in Ukraine-Krise"
Auch im Telefonat mit Selenskyj betonte Xi: "China hat die Ukraine-Krise nicht geschaffen und ist darin keine Partei." Sein Land werde "weder untätig herumsitzen noch Öl ins Feuer gießen, geschweige denn versuchen, davon zu profitieren".
Die Formulierung, kein Öl ins Feuer gießen zu wollen, hatte schon der chinesische Außenminister Qin Gang verwendet, als Bundesaußenministerin Annalena Baerbock Mitte April für ihrem Antrittsbesuch in China zu Gast war. Auch die Grünen-Politikerin hatte der chinesischen Regierung erneut vorgeworfen, ihren starken Einfluss auf Russland zu wenig zu nutzen, um dem Krieg gegen die Ukraine ein Ende zu setzen.
Auf die Kritik des Westens ging Xi gegenüber Selenskyj nicht ein. Er hob jedoch hervor, sein Land handele in Bezug auf die "Ukraine-Krise" stets "fair und ehrlich" - und dass "Dialog und Verhandlungen" der einzig machbare Ausweg aus dem Konflikt seien.
Ukraine ernennt Botschafter in China
Selenskyj selbst sprach auf Twitter von einem "langen und bedeutsamen" Gespräch mit dem chinesischen Staatschef, das den bilateralen Beziehungen beider Länder hoffentlich einen "starken Impuls" geben werde. Kurz nach dem Telefonat gab er die Ernennung von Pawlo Rjabikin, einem ehemaligen Minister für strategische Industrien, als neuen Botschafter in China bekannt.
Bundesregierung sieht "gutes Signal"
Die Bundesregierung wertete es als ein "gutes Signal", dass es jetzt "einen Dialog auf höchster Ebene" zwischen China und der Ukraine gebe. Ein Sprecher der Bundesregierung verwies auf Chinas Position als ständiges Mitglied des UN-Sicherheitsrats und die damit einhergehende "besondere Verantwortung", sich für die "Beendigung des völkerrechtswidrigen russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine" einzusetzen. Die Haltung Deutschlands bliebe unverändert: Ein "fairer Frieden" sei nur durch einen Truppenrückzugs Russlands aus der Ukraine zu erreichen.
Auch ein Sprecher der EU-Kommission sah in dem Gespräch einen "wichtigen, lang überfälligen Schritt". Chinas Führung müsse "ihren Einfluss nutzen, um Russland zur Beendigung des Angriffskriegs zu bringen." Ähnlich wie die Bundesregierung betonte auch die EU-Kommission erneut, die Voraussetzung für ein Ende des Krieges sei, dass Russland die territoriale Souveränität der Ukraine anerkennen müsse.
Von russischer Seite kam eine verhaltene Reaktion auf das Gespräch zwischen Selenskyj und Xi. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, teilte lediglich mit, ihre Regierung nehme "die Bereitschaft der chinesischen Seite zur Kenntnis, sich um einen Verhandlungsprozess zu bemühen".
Beim jüngsten Besuch des chinesischen Staatschefs in Moskau hatte der russische Präsident Wladimir Putin selbst die "Friedensinitiative" der Volksrepublik gelobt. Gleichzeitig versicherten sich beide Länder, die gemeinsame "strategische Partnerschaft" weiter ausbauen zu wollen. Seit Beginn des Krieges gegen die Ukraine und den darauffolgenden Sanktionen des Westens ist Russland zum größten Öllieferanten Chinas geworden.