Prozess um Falschaussage Schuldspruch für Österreichs Ex-Kanzler Kurz
Acht Monate Haft auf Bewährung: Österreichs Ex-Bundeskanzler Kurz ist im Falschaussageprozess in Wien schuldig gesprochen worden. Das Urteil ist aber noch nicht rechtskräftig. Kurz kündigte an, in Berufung zu gehen.
Der ehemalige österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz ist wegen Falschaussage zu einer Bewährungsstrafe von acht Monaten verurteilt worden. Das Landgericht Wien sah es als erwiesen an, dass Kurz bei der Bestellung des Aufsichtsrats der Staatsholding ÖBAG einen größeren Einfluss ausübte, als er vor dem "Ibiza"-Untersuchungsausschuss eingeräumt hatte.
Der 37-Jährige hatte vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss im Juni 2020 gesagt, dass er über die Vorgänge informiert gewesen sei, aber nicht aktiv eingegriffen habe. Der Angeklagte habe den Eindruck erwecken wollen, er sei damals nur um seine Meinung gefragt worden, sagte Richter Michael Radasztics nun. "Das ist etwas, was im Beweisverfahren insgesamt einfach keine Deckung findet."
Die Anklage hatte Kurz auch vorgeworfen, er habe falsche Angaben über seinen Einfluss auf die Berufung seines ehemaligen engen Vertrauten Thomas Schmid als Chef der ÖBAG gemacht. In diesem Fall sprach der Richter den ehemaligen Regierungschef vom Vorwurf der Falschaussage frei. In seinen Aussagen habe Schmid den ehemaligen Kanzler "nicht so eindeutig belastet", wie es oft wahrgenommen worden sei, so der Richter.
Die ÖBAG managt die Beteiligungen des Staates an diversen Unternehmen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Kurz kündigte an, dagegen Berufung einzulegen.
"Fall klar gelagert"
Die Staatsanwaltschaft hatte in ihrem Plädoyer zuvor dargelegt, Kurz habe sich generell zu seiner Regierungszeit ein Veto- und Durchgriffsrecht bei Personalentscheidungen gesichert. "Selten war ein Fall der Falschaussage so klar gelagert", sagte Oberstaatsanwalt Gregor Adamovic.
Dass Kurz sich als informiert, aber nicht involviert bezeichnet habe, sei der Sorge vor schlechter Presse geschuldet gewesen. Der heute 37-Jährige habe aus PR-taktischen Gründen so geantwortet, "um eine unerwünschte politische und mediale Kritik wegen offensichtlichen Postenschachers zu vermeiden", sagte Adamovic.
Es handle sich bei einer Falschaussage nicht um ein Kavaliersdelikt, zumal es sich um die Aussage eines Bundeskanzlers vor einem Parlamentsgremium gehandelt habe. Kurz sei der Vorbildfunktion von Politikern nicht gerecht geworden.
Kurz bestreitet Vorwürfe
Kurz bezeichnete seine Verurteilung wegen Falschaussage als ungerecht. "Es hat mich sehr überrascht. Ich finde es auch nicht gerecht", sagte er im Wiener Landgericht. "Ich bin sehr optimistisch, dass wir in einer zweiten Instanz recht bekommen", sagte der ehemalige konservative Regierungschef. Seine Verteidiger hatten zuvor Berufung gegen das Urteil angekündigt.
Kurz' Verteidigung hatte sämtliche Vorwürfe zurückgewiesen und im Schlussplädoyer einen Freispruch des Ex-Kanzlers gefordert. Der 37-Jährige selbst hatte den Prozess gegen ihn als politisch motiviert kritisiert. In seinen Abschlussworten vor Gericht beteuerte er nun erneut seine Unschuld und sagte, nicht seine Aussagen, sondern eine Interpretation seiner Aussagen seien Grundlage des Verfahrens.
Im Jahr 2021 war Kurz wegen Korruptionsvorwürfen als Kanzler zurückgetreten. Diese sind erheblich schwerwiegender als eine Falschaussage. Sie stehen im Zusammenhang mit dem Verdacht, Beamte im ÖVP-geführten Finanzministerium hätten öffentliche Mittel verwendet, um gefälschte Umfragen und wohlwollende Berichterstattung zu kaufen.
Die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen Untreue, Bestechlichkeit und Bestechung gegen den Ex-Kanzler, hat aber bisher keine Anklage erhoben.
Kurz arbeitet mittlerweile für eine Reihe internationaler Unternehmen.