Angriff in Paris Ausschreitungen nach tödlichen Schüssen
Ein mutmaßlich rassistisch motivierter Mann hat im Zentrum von Paris drei Menschen erschossen, zwei vor einem kurdischen Kulturzentrum. Am Tatort gibt es erste Ausschreitungen.
Sichtlich betroffen kommt Innenminister Gérald Darmanin zum Tatort. Dort erklärt er, er wolle sich besonders an die kurdische Gemeinschaft in Frankreich wenden, "die heute zahlreiche Opfer zu beklagen hat". Und er kündigte an:
Wir werden jetzt starke Präsenz an ihren Treffpunkten, diplomatischen Vertretungen, Gotteshäusern und Geschäften zeigen und zwar 24 Stunden am Tag. Frankreich wird die Kurden in unserem Land schützen.
Augenzeuge sah den Angriff
Ein Augenzeuge berichtet, was er zuvor beobachtete. Der Mann erklärt: "Wir sind die Straße entlang spaziert, da haben wir Schüsse gehört und uns umgedreht." Die Menschen seien dann nach rechts und links ausgewichen. Wenige Minuten später habe der Augenzeuge gesehen, wie ein "älterer großer Mann im Friseursalon verhaftet worden ist" - auch drei Verletzte habe er gesehen.
Der Tatort - die kleine Rue d'Enghien im 10. Pariser Arrondissement - ist normalerweise eine belebte Straße mit Gemüseladen, Apotheke, Cafés, aber auch mit dem kurdischem Kulturzentrum, Barbiershop und kurdischem Restaurant.
Mutmaßlicher Täter soll aus dem Pariser Umland kommen
Bei dem mutmaßlichen Täter handelt es sich um einen 69 Jahre alten Franzosen, ein früherer Lokführer aus dem Pariser Umland. Die Pariser Staatsanwältin Laure Beccuau zählte die Anklagepunkte auf: "Mord, versuchter Mord, Waffengewalt, illegaler Waffenbesitz."
Außerdem erklärte Beccuau, der Mann sei wegen zwei Vorfällen polizeibekannt gewesen. Ein Vorfall soll sich in Seine-Saint-Denis ereignet haben, "da wurde er verurteilt, hat aber Berufung eingelegt", erklärt sie. Bei dem zweiten Vorfall in Bercy Ende 2021 in Paris habe der Mann Menschen, die in einem Zeltlager gelebt haben, angegriffen. "Er kam in U-Haft, wurde aber kürzlich entlassen", sagte die Staatsanwältin.
Debatte um Rechte in Frankreich neu entfacht
Am 30. Juni verurteilt, am 8. Juli Berufung eingelegt, seit gut zehn Tagen wieder auf freiem Fuß: In den sozialen Medien ist die Debatte längst politisch.
Die extreme Rechte, die im Parlament die größte Oppositionspartei stellt, den Rassemblement National, würde solchen Taten den Weg bereiten - so lautet ein Vorwurf.
Kritik auch an französischer Justiz
Diese Schlüsse, die besonders politisch links getwittert werden, wollte die Staatsanwältin nicht ziehen. Yann Manzi, Mitbegründer der Hilfsorganisation für Migranten, "Utopia56", aber schon. Er erklärt:
Dieser Monsieur hat Menschen angegriffen, die in Zelten schliefen. Mit einem Säbel.
Einen Menschen habe er dabei schwer verletzt. "Er hat dort sehr rassistische und gewalttätige Dinge getan."
Manzi findet es dramatisch, "dass diese Person wieder frei auf unseren Straßen herumlaufen konnte ohne strengere Kontrollen", erklärt er. Er zieht das Fazit: "Die Worte einiger Politiker ebnen sehr Wohl den Weg zu solchen Taten."
Bislang im Viertel keine speziellen Sicherheitsvorkehrungen
Tatsächlich hat die französische Justiz den mutmaßlichen Täter, dem eine Strafe bislang unter zehn Jahren Gefängnis drohte, die dafür mögliche Maximalzeit in U-Haft gelassen.
Die Stadtbezirksbürgermeisterin Alexandra Cordebard, die nach dem Anschlag ein psychologisches Betreuungszentrum in ihrem Rathaus eingerichtet hat, fügte hinzu, das kurdische Kulturzentrum sei seit vielen Jahren im Viertel integriert.
Im Quartier leben verschiedene Communitys harmonisch zusammen. Vor diesen schrecklichen Schüssen hat es keine speziellen Sicherheitsvorkehrungen gegeben.
Die schreckliche Tat konnte sie damit nicht verhindern. Und das erhitzt die Gemüter in Frankreich erheblich.
Ausschreitungen am Tatort
Stunden nach dem Geschehen kommt es zu Ausschreitungen am Tatort. Sprechchöre ertönen gegen den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, denn im Januar 2013 wurden drei kurdische Aktivistinnen in Paris ermordet.
Mit dem erneuten Anschlag auf die kurdische Gemeinschaft ist das Attentat von damals wieder präsent und auf den Straßen der französischen Hauptstadt brennen die ersten Mülltonnen.
Macron: Kurden waren Ziel von Schüssen
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron sprach unterdessen auf Twitter von einem absichtlichen Angriff auf Kurden. "Die Kurden in Frankreich waren das Ziel eines niederträchtigen Angriffs mitten in Paris", schrieb der Staatschef. Seine Gedanken seien bei den Opfern und ihren Angehörigen.