Nach Anschlag in St. Petersburg Verdächtige wegen Terrorismus angeklagt
Eine nach dem tödlichen Bombenanschlag auf einen russischen Militärblogger festgenommene 26-Jährige ist wegen Terrorismus angeklagt worden. Der Vorwurf: Sie soll auf Befehl aus der Ukraine gehandelt haben.
Nach einem Mordanschlag auf einen Militärblogger in St. Petersburg hat die russische Justiz eine inzwischen inhaftierte Tatverdächtige wegen Terrorismus angeklagt. Die 26-Jährige soll demnach auf Befehl aus der Ukraine Wladlen Tatarskij eine mit Sprengstoff gefüllte Büste in einem Petersburger Café übergeben haben. Sie werde zudem des illegalen Besitzes von Sprengstoff beschuldigt, erklärte das für schwere Straftaten zuständige russische Ermittlungskomitee. Damit droht ihr eine lebenslange Haftstrafe.
Der 40-jährige Journalist und Blogger Maxim Fomin, der unter einem Pseudonym schrieb, sei nach der Explosion der Statuette auf der Stelle tot gewesen. Das Café soll nach Medienberichten Jewgeni Prigoschin, dem Chef der berüchtigten Söldnertruppe Wagner, gehören.
Mehr als 30 Menschen verletzt
Russlands Ermittlungskomitee teilte weiter mit: "Bei der folgenden Explosion ist Fomin ums Leben gekommen, mehr als 30 Personen, die sich im Café befanden, erlitten unterschiedlichste Verletzungen."
Ein Gericht in Moskau verhängte Untersuchungshaft bis zum 2. Juni gegen die Tatverdächtige. Auf einem vom russischen Innenministerium veröffentlichten Verhörvideo hatte die Frau zuvor eingeräumt, Tatarskij die Figur überreicht zu haben. Mordpläne gab sie dabei allerdings nicht zu. Ihr Ehemann erklärte, seine Frau sei davon ausgegangen, dass in der Büste eine Wanze befestigt gewesen sei, um Tatarskij abzuhören.
Kiew weist Vorwürfe zurück
Die Ukraine wies Anschuldigungen zurück, etwas mit dem Fall zu tun zu haben. Sie machte Gegner der russischen Regierung für die Explosion verantwortlich. Am Montag hatten das Ermittlungskomitee und das russische Anti-Terror-Komitee erklärt, Anhänger des inhaftierten Kreml-Kritikers Alexej Nawalny hätten der Ukraine bei dem Anschlag auf den Militärblogger geholfen. Politischen Beobachtern zufolge könnte der Bombenanschlag dafür genutzt werden, um ein weiteres hartes Durchgreifen gegen Kritiker von Moskaus Offensive zu rechtfertigen.
Der frühere russische Präsident Dmitri Medwedew warf der bedrängten Opposition des Landes über Telegram vor, gegen gewöhnliche Bürger "einen Krieg zu führen" und "ihre Landsmänner hinzurichten". "Terroristen" sollten "ausgerottet werden wie tollwütige Hunde", schrieb Medwedew, der Vizevorsitzender des russischen Sicherheitsrates ist.
Der Chef der Söldnertruppe Wagner, Prigoschin, sagte in einem von seinem Sprecherteam veröffentlichten Video, er sei von der umkämpften Stadt Bachmut an der Front in der Ostukraine nach St. Petersburg gekommen, um das Andenken Tatarskijs zu "ehren". "(Er) versuchte, die Gesellschaft zu einen, um gegen den äußeren Feind zu kämpfen", sagte Prigoschin mit Blick auf die NATO und die Ukraine auf dem ausgebombten Grundstück des Cafés.
Er kritisierte, dass ranghohe Vertreter der Stadt St. Petersburg und der Gouverneur nicht den Tatort besucht hätten. Sie seien unfähig, junge Menschen für den Kampf gegen das "Böse" zu mobilisieren.
Mehr als 560.000 Anhänger auf Telegram
Der kremlnahe Blogger war radikaler Befürworter des Kriegs gegen die Ukraine. Er soll mehr als 560.000 Anhänger auf Telegram gehabt haben. Er hatte ab 2014 zunächst als Aufständischer für die Unabhängigkeit des russisch kontrollierten Donbass gekämpft, ehe er zu bloggen anfing.
Er verbreitete in seinem Blog Videos vom Frontgeschehen in der Ukraine und gab zuletzt jungen russischen Soldaten Tipps, wie sie sich in den vordersten Linien verhalten sollten.