Niederländischer Ministerpräsident Ruttes Rückzug
Nach 13 Jahren als niederländischer Ministerpräsident zieht sich Mark Rutte aus der Politik zurück. Am Freitag war seine Regierung an einem Asylstreit zerbrochen. Damit ist ein Thema im Wahlkampf bereits gesetzt.
Knapp 13 Jahre lang war Mark Rutte niederländischer Ministerpräsident und damit der am längsten amtierende Regierungschef seines Landes. Im Parlament in Den Haag kündigte der 56-Jährige am Vormittag das Ende seiner politischen Karriere an. "In den letzten Tagen wurde darüber spekuliert, was mich motivieren würde", sagte er. "Die einzige Antwort darauf lautet: die Niederlande. Was mit mir passiert, ist dem völlig untergeordnet. Gestern Morgen habe ich entschieden, dass ich bei den kommenden Wahlen nicht als Listenführer für die VVD zur Verfügung stehen werde."
Voraussichtlich Mitte November soll ein neues Parlament gewählt werden. Sobald das neue Kabinett steht, will sich Rutte ganz aus der Politik zurückziehen. Bis dahin möchte er geschäftsführend als Premier im Amt bleiben. König Willem-Alexander soll ihn gebeten haben, die großen politischen Themen weiterhin im Blick zu behalten, wie etwa den Krieg in der Ukraine. Unklar ist, wer Rutte an der Spitze seiner Partei folgen könnte.
Streit über Flüchtlingspolitik
Am Freitag war die vier Parteien-Koalition an einem Streit über die Asylpolitik zerbrochen, rund anderthalb Jahre nachdem Ruttes viertes Kabinett gestartet war. Dem Bruch gingen mehrtägige Verhandlungen voraus. Rutte hatte auf schärfere Regeln für die Familienzusammenführung von Flüchtlingen bestanden. Die Zahl der im Land aufgenommenen Kriegsflüchtlinge sollte auf 200 pro Monat begrenzt werden.
Die beiden Koalitionspartner - die linksliberale D66 und die konservative Christen-Union - wollten die Maßnahmen von Ruttes VVD und der christdemokratischen CDA nicht mittragen.
In den Niederlanden waren die Asylanträge im vergangenen Jahr um ein Drittel auf mehr als 46.000 gestiegen, die Aufnahmezentren stießen an ihre Grenzen. In einem davon starb im vergangenen Sommer ein drei Monate altes Baby. Seit Monaten hatte Ruttes Partei auf einen schärferen Kurs in der Migrationspolitik gedrängt.
Migration Thema im Wahlkampf
Damit steuern die Niederlanden nun auf einen Wahlkampf-Sommer zu. Neben der Migrationspolitik dominieren auch der Wohnungsmangel und die Klimapolitik die Debatte in den Niederlanden. Die Bauer-Bürger-Bewegung (BBB) hatte mit ihrem Protest gegen Umweltvorgaben bei den Provinzwahlen im Frühjahr stark punkten können. Sie könnte bei den Wahlen im Herbst Ruttes VVD herausfordern.
Parteichefin Caroline van der Plas von der BBB bezeichnete Ruttes Rückzug als eine sehr kluge Entscheidung. "Ich habe erwartet, dass er weitermacht, dass er sich weiter um die Asylpolitik kümmern würde", sagte sie. "Er wirkte, als glaube er, das Land führen zu können und Rückgrat zu besitzen. Ich finde es sehr vernünftig, dass er sich zu dem Schritt entschlossen hat."
Lob von Wilders
Ähnlich begrüßten auch andere Oppositionspolitiker den angekündigten Rückzug. Auch einer von Ruttes stärksten Widersachern äußerte sich, der Rechtspopulist Geert Wilders: "Wir waren politisch wie Wasser und Feuer. In den vergangenen Jahren betrieb er eine Politik, die im krassen Gegensatz zu dem steht, was meine Partei will. ich bin aber überzeugt, dass er das Beste für die Niederlande wollte und in guter Absicht gehandelt hat." Als Listenführer seiner Partei will sich Wilders um das Amt des Ministerpräsidenten bewerben.