Niederlande Rutte bittet um Entschuldigung für Sklaverei
Vor fast 150 Jahren haben die Niederlande die Sklaverei in ihren Kolonien abgeschafft. Eine Entschuldigung für begangenes Unrecht hatte Ministerpräsident Rutte bislang abgelehnt, nun aber doch gegenüber den Nachfahren darum gebeten.
Der niederländische Ministerpräsident Mark Rutte hat für die Rolle des Landes in der Geschichte der Sklaverei um Entschuldigung gebeten. "Der niederländische Staat und seine Vertreter haben jahrhundertelang die Sklaverei ermöglicht und gefördert und davon profitiert", sagte Rutte bei einer Rede vor Nachfahren Versklavter im Nationalarchiv in Den Haag, die im Fernsehen übertragen wurde. "Wir entschuldigen uns posthum bei allen Versklavten, die weltweit unter dem Handeln gelitten haben, bei ihren Töchtern und Söhnen und all ihren Nachkommen bis heute."
Streit über Umgang mit der Sklaverei
Im Vorfeld seiner Rede hatte es viel Unmut um die geplante Entschuldigung gegeben. Nachfahren von Sklaven und Vertreter der ehemaligen Kolonien hatten gefordert, dass König Willem-Alexander am 1. Juli 2023 eine Entschuldigung aussprechen sollte. An jenem Tag jährt sich das Ende der Sklaverei in den niederländischen Kolonien zum 150. Mal. "Wir wissen, dass es nicht den einen guten Moment für alle gibt, nicht die richtigen Worte für alle und nicht den richtigen Ort für alle", sagte Rutte.
Zwar trage niemand der heute Lebenden persönliche Schuld an der Sklaverei. Doch der niederländische Staat trage "die Verantwortung für das unermessliche Leid, das den Versklavten und ihren Nachkommen zugefügt wurde", sagte Rutte. Sklaverei müsse klar als Verbrechen gegen die Menschlichkeit erkannt werden.
Er kündigte einen Fonds für Initiativen an, die sich mit dem Erbe der Sklaverei in den Niederlanden und ihren ehemaligen Kolonien befassen. Während Ruttes Rede überbrachten sieben Minister und Staatssekretäre in der früheren Kolonie Suriname in Südamerika sowie auf sechs Karibikinseln die Botschaft der Regierung persönlich.
Parlament befürwortete Entschuldigung
Über den eigenen Umgang mit der Sklaverei hatten die Niederlande jahrelang gestritten. Im vergangenen Jahr hatte eine Expertenkommission der Regierung dann empfohlen, sich zu entschuldigen und Reparationen zu leisten. Rutte hatte dies im Vorfeld ausgeschlossen und gesagt, eine Entschuldigung könnte die Gesellschaft polarisieren. Nun befürwortete jedoch eine Mehrheit des Parlaments eine Entschuldigung.
Hunderttausende von Sklavenhändlern verschleppt
Als die Niederlande 1863 die Sklaverei abschafften, waren sie eines der letzten europäischen Länder, die diesen Schritt vollzogen. Und dennoch mussten die Sklaven noch weitere zehn Jahre auf den Plantagen schuften. Historiker gehen davon aus, dass niederländische Sklavenhändler mehr als eine halbe Million Menschen aus Afrika verschleppten, vor allem ins heutige Brasilien und die Karibik.
Im 17. Jahrhundert waren die Niederlande eine der bedeutendsten Kolonialmächte. Das Reich umfasste unter anderem große Gebiete des heutigen Brasiliens und Indonesiens. Außerdem geht New York City auf eine niederländische Stadtgründung zurück. Auch in West- und Südafrika sowie in Indien gab es Kolonien.