Vor neuem Prozess in Russland Kremlgegner Nawalny scheitert mit Beschwerde
Nächste Woche muss sich der Kremlgegner Nawalny erneut vor Gericht verantworten. Im schlimmsten Fall drohen ihm 30 Jahre Straflager. Er wollte mehr Zeit erwirken, um seine umfangreiche Anklageschrift einzusehen. Doch das Gericht in Moskau lehnte ab.
Noch vor dem offiziellen Beginn eines neuen Prozesses gegen ihn hat der bereits inhaftierte Kremlgegner Alexej Nawalny vor Russlands Justiz eine Niederlage erlitten. Ein Gericht in der Hauptstadt Moskau wies eine Beschwerde Nawalnys zurück, der um mehr Zeit gebeten hatte, um die sehr umfangreiche Anklageschrift zu sichten.
Am kommenden Dienstag (6. Juni) soll laut Gericht das Verfahren wegen angeblichen "Extremismus" gegen Nawalny beginnen, wofür ihm bis zu 30 Jahre Straflager drohen. Aktuell ist der 46-Jährige, der international als politischer Gefangener gilt, zu neun Jahren Haft verurteilt. Mehr als zwei hat er bereits abgesessen.
Organisation wurde als extremistisch eingestuft
Laut seiner Sprecherin Kira Jarmysch soll der neue Prozess nicht im Gericht, sondern direkt im Straflager etwa 260 Kilometer nordöstlich von Moskau abgehalten werden. Insgesamt hat die russische Justiz sieben Anklagepunkte gegen Nawalny formuliert, darunter Gründung und Finanzierung einer extremistischen Organisation und Verharmlosung des Nazismus. Der Kremlgegner weist das zurück.
Vor zwei Jahren hat das Moskauer Stadtgericht, vor dem auch dieser Prozess nun stattfinden soll, bereits den von Nawalny gegründeten Fonds für die Bekämpfung der Korruption (FBK) für extremistisch erklärt. Der FBK hat eine Reihe von Materialien über Korruption in Russlands Machtapparat bis hin zu Präsident Wladimir Putin veröffentlicht.
Menschenrechtsgruppen sprechen von Folter
Nawalny, der als bekanntester Gegner Putins gilt, wurde im Sommer 2020 bei einer Reise in Sibirien mit dem Nervenkampfstoff Nowitschok vergiftet. Der Oppositionelle wirft dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB vor, hinter der Vergiftung zu stecken. Der Kreml streitet diese Vorwürfe ab.
Zuletzt machte Nawalnys Team immer wieder auf die menschenunwürdigen Zustände aufmerksam, unter denen der Politiker inhaftiert ist. So wird er etwa schon seit Monaten fast ununterbrochen in eine zwei mal drei Meter kleine Isolationszelle gesteckt. Auch internationale Menschenrechtsgruppen sprechen von Folter.