Putins jährliche Pressekonferenz "Wir wollen unsere Sicherheit festigen"
Beim Thema Ukraine beharrt Putin auf eigenen Sicherheitsinteressen, beim Kreml-Kritiker Nawalny verlangt er Beweise für eine Vergiftung: Auf der jährlichen Pressekonferenz hat sich Russlands Präsident ausgewählten Reporterfragen gestellt.
Eingang durch eine Desinfektionssprühanlage und drei PCR-Tests pro anwesenden Journalist und Journalistin: Mit solch strengen Sicherheitsmaßnahmen vor dem Hintergrund der Corona-Pandemie hat Russlands Präsident Wladimir Putin seine jährliche Pressekonferenz abgehalten. Die Fragen, die im Vorfeld eingereicht werden mussten, umfassen zahlreiche Themengebiete, etwa Innen- und Außenpolitik, die Corona-Pandemie, die Wirtschaftslage des Landes oder den Konflikt um die russischen Truppenbewegungen nahe der ukrainischen Grenze.
In eben diesem Konflikt forderte Putin rasche Sicherheitsgarantien von den USA und der NATO. Die NATO habe Russland seit dem Ende des Kalten Krieges mit ihrer Osterweiterung immer wieder getäuscht. Russland wolle aber einen Konflikt vermeiden und verlange deswegen entsprechende Zusagen des westlichen Militärbündnisses, wie etwa auf eine weitere Expansion nach Osten zu verzichten. "Eine weitere NATO-Osterweitering ist nicht zu akzeptieren. Was ist daran nicht zu verstehen?", fragte der Kremlchef. "Wir wollen unsere Sicherheit festigen."
"Positive" Handlungsbereitschaft der USA
Die Verhandlungen über die geforderten Sicherheitsgarantien sollten Anfang nächsten Jahres in Genf beginnen. Die russischen Vorschläge dazu seien bei den USA überwiegend auf positive Resonanz gestoßen. "Ich hoffe, dass die Entwicklung der Situation in diese Richtung gehen wird", sagte Putin.
Er selbst weigerte sich jedoch, verbindliche Zusagen zu treffen: Auf die Frage, ob er garantieren könne, dass Russland nicht die Ukraine überfalle, antwortete Putin, sein Land werde so handeln, wie es seine Sicherheitsinteressen verlangten. Doch es entstehe der Eindruck, als ob in der Ostukraine eine weitere Militäraktion vorbereitet werde. Moskau könne dabei unmöglich nicht reagieren, wenn die Sicherheit Russlands betroffen werde.
Russland unterstützt in der Ostukraine pro-russische Separatisten und soll in der Grenzregion rund 100.000 Soldaten zusammengezogen haben. Die Ukraine sowie die USA, die NATO und die EU befürchten eine militärische Eskalation und haben Russland wiederholt vor einer Invasion gewarnt.
Keine Verantwortung für hohe Gaspreise
Beim Thema europäische Energieversorgung wies der Präsident die Verantwortung Russlands für höhere Gaspreise zurück. Europa habe sich die Gasprobleme selbst eingebrockt und sollte diese nun selbst lösen, so Putin. Der russische Energiekonzern Gazprom habe seine Lieferverpflichtungen aus langfristigen Gasverträgen erfüllt, bevor er Gas auf dem Spotmarkt angeboten habe. Länder wie Deutschland, die langfristige Lieferverträge eingegangen seien, profitierten nun von niedrigeren Preisen als am Spotmarkt und könnten Gas mit Gewinn an Nachbarländer verkaufen.
In der Pandemie resistentere Wirtschaft
Mit Blick auf die Corona-Pandemie bezeichnete Putin die Omikron-Variante als eine ernstzunehmende Gefahr. Allerdings habe sich die russische Wirtschaft bereits bei früheren Wellen als widerstandsfähiger und resistenter erwiesen als viele andere Weltwirtschaften. "Wir haben uns viel besser erholt als viele andere Länder."
Auf die Sterblichkeit im Land im Zusammenhang mit dem Coronavirus angesprochen, wies Putin alle Vorwürfe von Manipulationen von Statistiken zurück. "Es ist schwer zu zählen - nicht, weil irgendjemand irgendetwas vertuschen möchte. Keinesfalls." Er setze sich stets dafür ein, dass im Gesundheitswesen alles stets maximal offen und verständlich geschieht - "auch deshalb, damit die Menschen begreifen, wie wichtig Impfungen sind".
Vorgehen gegen "ausländische Agenten" verteidigt
Bei der Frage nach dem seit fast einem Jahr inhaftierten Kreml-Kritiker Alexej Nawalny forderte Putin Beweise für ein mögliches Verbrechen gegen diesen. Der Westen habe bisher keinen Beleg für die "angebliche Vergiftung" mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok vorgelegt. "Nichts. Null." Dabei hatten mehrere Labore, darunter eines der Bundeswehr, nach offiziellen Angaben die Vergiftung nachgewiesen. Mit Blick auf den "Inhaftierten" sagte Putin: "Man sollte keine Straftaten begehen und diese hinter politischen Handlungen verstecken."
Der Kremlchef verteidigte auch das umstrittene Vorgehen gegen Andersdenkende und sogenannte "ausländische Agenten". Vielen sei das unbesiegbare Russland zu groß. "Man kann es nur von innen heraus zersetzen." Das müsse verhindert werden. Viele Nichtregierungsorganisationen und Medien sind als "ausländischer Agent" in Russland eingestuft, was sie als Stigmatisierung kritisieren. Putin betonte, dass Russland Klarheit wolle, wer vom Ausland Geld erhalte und im Interesse eines anderen Landes arbeite.