Schutz vor russischem Einfluss Polen macht TV-Sender zu kritischer Infrastruktur
In Polen steigt die Sorge vor russischer Einflussnahme. Zum Schutz einer Sendergruppe machte Polens Premier Tusk sie kurzerhand zu kritischer Infrastruktur. Ein Verkauf gelingt jetzt nur mit Zustimmung der Regierung.
"Wir werden nicht zulassen, dass sich feindliche Länder dreist in unseren Alltag, unsere Wirtschaft oder in unsere Wahlen einmischen." Außergewöhnlich scharfe Worte von Polens Premier Donald Tusk vor wenigen Tagen. Es geht um die Fernsehsendergruppe TVN, die sich vor allem während der Regierungszeit der nationalpopulistischen PiS als Gegengewicht zu den staatlich kontrollierten öffentlichen Sendern einen Namen gemacht hat.
Die TVN-Gruppe befindet sich im Besitz der US-amerikanischen Warner Bros. Discovery und wurde damit auch aus Washington vor Einfluss von außen geschützt. Jetzt aber soll TVN möglicherweise verkauft werden und die stärksten Interessenten sind tschechische und ungarische Medienunternehmen, die mutmaßlich Moskau nahestehen.
Donald Tusk hat also eingegriffen und TVN sowie einen weiteren Medienkonzern kurzerhand auf die Liste kritischer Infrastrukturbetreiber gesetzt. Ohne Regierungszustimmung kann nicht verkauft werden - ein Instrument, das die polnische Führung im selbst erklärten "hybriden Krieg" gegen Russland immer öfter einsetzt.
Sorge vor Russland
Bisher standen Chemie-, Energie- und Rüstungsunternehmen auf der Liste der kritischen Infrastruktur, vereinzelt Telekommunikationsanbieter. Jetzt also auch die TVN-Gruppe, der polnische Sender Polsat gleich mit. Das ist neu. Dass jetzt auch Fernsehsender als relevant für die nationale Sicherheit angesehen werden, hat mit den Kaufinteressenten zu tun.
In Warschau hat man befürchtet, TVN könnte zum Einfalltor für russische Desinformation werden, erklärt Donald Tusk: "Ich möchte betonen, dass wir eventuelle Transaktionen nicht erschweren wollen. Es braucht nur eben die Zustimmung der polnischen Regierung. Wir wollen die Sender schützen und nach Gesprächen mit Staatschefs aus unserem Teil Europas habe ich weitere Hinweise darauf, die die Absichten derjenigen, die Polen den hybriden Krieg erklärt haben, sehr ernst sind."
Staatliche Eingriffe in den Markt
Dass Russland gezielt versuche, Wahlen zu beeinflussen, das habe man in Europa und in den USA sehen können - zuletzt in Rumänien, heißt es jetzt in vielen Kommentaren.
Die Einmischung in den freien Markt sehen Ökonomen wie Grzegorz Maliszewski von der Millieniumbank jedoch kritisch: "Es geht dabei um Schutz und Sicherheit, aber mir scheint, aus einem ökonomischen Gesichtspunkt sind staatliche Einmischungen in den privaten Markt in der Regel nicht effektiv und bringen keine guten Ergebnisse. Ich denke, das bringt eine große Unsicherheit mit sich, denn für die Zukunft kann das heißen, dass diese Einmischungen weitergehen."
Rückendeckung aus den USA
Und tatsächlich sind gleich noch drei weitere Unternehmen auf die Liste der kritischen Infrastruktur gesetzt worden - unter anderem T-Mobile Polska der Deutschen Telekom. Anders als erwartet gab es jedoch von jemand bestimmten keinen Protest: US-Botschafter Mark Brzezinski schrieb bei X, angesichts ausländischer Einflussnahme sei es wichtig, dass Regierungen strategische Infrastruktur schützen. Anders als beim letzten Mal, betrachtet Washington die größte US-Investition in Polen, TVN, diesmal offenbar tatsächlich als geschützt und nicht gefährdet.