Übergang nach Deutschland Warum polnische Bauern die Grenze blockieren
Noch immer geht nichts am deutsch-polnischen Grenzübergang bei Frankfurt an der Oder. Die polnischen Bauern protestieren gegen Umweltschutzmaßnahmen der EU - und gegen Getreideimporte aus der Ukraine.
Auf der wichtigsten Straßenverbindung von Polen nach Deutschland ist derzeit kein Durchkommen. Mindestens bis Montagmittag wollen polnische Landwirte die Autobahn 2, die Verlängerung der A12 auf polnischer Seite, noch mit Traktoren, Erntemaschinen und Pkw blockieren. Der Konvoi ist kilometerlang, an den Fahrzeugen wehen polnische Fahnen, Transparente kritisieren die Agrarpolitik der EU.
Szczepan Wojcik, ein Organisator der Demonstration, spricht von einem Warnstreik: "Wir protestieren gegen die Vorschläge der Europäischen Union und des Europäischen Parlaments zum Green Deal", erklärt Wojcik. Nach Ansicht der polnischen Bauern sind die Pläne für die ökologische Umgestaltung der Landwirtschaft zu drastisch. Die Regierung von Donald Tusk will daraus bisher jedoch nicht ausscheren.
Zollfreie Importe aus der Ukraine
Die Bauern ziehen aber auch gegen die zollfreie Einfuhr von Agrarprodukten aus der Ukraine zu Felde. Nach dem russischen Einmarsch vor zwei Jahren hatte die EU alle Importzölle und -quoten für landwirtschaftliche Produkte aus der Ukraine ausgesetzt, um dem Land wirtschaftlich zu helfen. Das kritisiert ein polnischer Bauer, der anonym bleiben möchte: "Momentan hat es komplett die Preise und alles, was mit Getreide zu tun hat, kaputtgemacht. Also, wenn es so weitergeht, werden die Bauern bestimmt nicht Ruhe geben."
Zwar sollen ukrainische Agrarerzeugnisse Polen im Transit passieren. Nach Angaben der Landwirte kommen die Produkte dennoch auf den polnischen Markt und drücken die Preise.
Proteste immer aufgeregter
Während die Demonstranten an der Grenze nach Deutschland friedlich sind, verlaufen die Proteste an der polnischen Grenze zur Ukraine immer aufgeregter. Zuletzt wurden ukrainische Agrarprodukte aus Lkw und Güterzügen vernichtet. Ministerpräsident Tusk hat die Grenzübergange inzwischen auf die Liste der kritischen Infrastruktur gesetzt, damit insbesondere militärische und humanitäre Lieferungen für die Ukraine ungehindert weitergehen können.
Der Einladung des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu einem Treffen an der Grenze, um eine Lösung in dem Streit zu finden, kam Tusk jedoch nicht nach. Man treffe sich schließlich Ende März in Warschau zu Regierungskonsultationen.
Schwierige Diplomatie
Eine diplomatische Eskalation zwischen Warschau und Kiew will die polnische Regierung zwar vermeiden, es sich aber auch nicht mit den eigenen Bauern verderben. "Wir wissen, wie das polnische Volk der Ukraine geholfen hat, und wir wollen auch weiterhin helfen", sagte Polens Agrarminister Siekierski. "Aber zugleich wollen wir nicht, dass die Hilfe auf Kosten einer Berufsgruppe geht."
Siekierski will die Anliegen der polnischen Landwirte nun beim Treffen mit seinen Kolleginnen und Kollegen aus der EU in Brüssel ansprechen. Die Bauern, die derzeit die Autobahn nach Deutschland blockieren, verlangen allerdings konkrete Maßnahmen, sagt Demo-Organisator Wojcik: "Das hier ist erstmal ein 24-stündiger Protest, aber wenn es keine Resultate gibt, dann kann er noch viel länger dauern."