Frankreich-Wahl Macron-Lager hauchdünn vor Linksbündnis
Herber Dämpfer für Frankreichs Präsident Macron: Beim ersten Durchgang der Parlamentswahl liegt sein Lager nur ganz knapp vor dem neuen Linksbündnis des Politikers Mélenchon, hat aber bessere Chancen für den entscheidenden zweiten Wahlgang.
In der ersten Runde der französischen Parlamentswahl haben die Kandidaten des Lagers von Präsident Emmanuel Macron minimal mehr Stimmen als die des neuen Linksbündnisses erhalten. Laut dem vorläufigen amtlichen Ergebnis kam Macrons Mitte-Bündnis landesweit auf 25,75 Prozent der Stimmen. Dies teilte das Innenministerium in Paris in der Nacht mit.
Die vom Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon angeführte Allianz aus Linken, Kommunisten, Grünen und Sozialisten kam demnach auf 25,66 Prozent und hatte damit hauchdünn das Nachsehen. Der Unterschied betrug gerade einmal 21.442 Stimmen - bei rund 48,7 Millionen Wahlberechtigten.
Beide Lager sehen sich als Sieger
Dennoch ist Prognosen zufolge davon auszugehen, dass das Lager des frisch wiedergewählten Präsidenten in der zweiten Wahlrunde am kommenden Sonntag die Mehrheit der Sitze in der Nationalversammlung holen wird. Denn das komplizierte Wahlsystem führt zu teils gravierenden Unterschieden zwischen prozentualem Stimmanteil und Sitzverteilung - und die liberalen Kandidaten haben bessere Chancen, um Stimmenwanderung nach dem Ausscheiden zahlreicher Kandidaten abzufangen. Ob die Mitte-Kräfte aber ihre absolute Mehrheit im parlamentarischen Unterhaus behalten und damit Macrons Vorhaben leichter umsetzen können, ist ungewiss.
Frankreichs Premierministerin Élisabeth Borne sieht die linken Rivalen für Macrons Mitte-Bündnisses gleichwohl chancenlos. "Wir sind die einzige politische Kraft, die in der Lage ist, eine Mehrheit in der Nationalversammlung zu bekommen", sagte Borne in einer ersten Stellungnahme. Zugleich warnte sie indirekt vor einem weiteren Erstarken der Linken. "Wir können das Risiko von Instabilität nicht eingehen", sagte sie. Das Mitte-Bündnis stehe dagegen für Zuverlässigkeit.
Linkspolitiker Jean-Luc Mélenchon
Der Anführer der Linken, Mélenchon, sah dies ganz anders. Er sprach in einer ersten Reaktion von einer deutlichen Niederlage Macrons im ersten Wahlgang. "Die Wahrheit ist, dass die Präsidentschaftspartei in der ersten Runde geschlagen und besiegt ist". Nun hoffe er, dass die Franzosen Macrons Politik beim zweiten Wahlgang am kommenden Sonntag ebenfalls eine Absage erteilten.
Macron im zweiten Wahlgang wohl vorn
Prognosen zufolge könnte das Macron-Lager auf etwa 255 bis 310 der 577 Sitze in der Nationalversammlung kommen. Die Linken sehen die Prognosen nur bei 150 bis 210 Sitzen.
Die Unterschiede zwischen prozentualem Stimmanteil und der Sitzverteilung erklären sich durch das Wahlsystem. Dabei zählen am Ende nur die Stimmen für den Gewinner im jeweiligen Wahlkreis.
Die Wahlbeteiligung beim ersten Wahlgang lag laut den Zahlen des Innenministeriums bei nur 47,51 Prozent und damit noch niedriger als bei der Parlamentswahl vor fünf Jahren.