Emmanuel Macron feiert seinen Wahlsieg

Frankreich-Wahl Macron bleibt Präsident

Stand: 25.04.2022 02:11 Uhr

Amtsinhaber Macron bleibt Frankreichs Präsident. Laut vorläufigem amtlichen Endergebnis kommt der 44-Jährige auf 58,55, die Rechtspopulistin Le Pen auf 41,45 Prozent der Stimmen. In seiner Siegesrede stimmte Macron das Land auf schwierige Zeiten ein.

Frankreichs Präsident Emmanuel Macron ist nach vorläufigem amtlichen Endergebnis mit 58,55 Prozent der Stimmen wiedergewählt worden. Er bekam aber deutlich weniger Stimmen als bei der Präsidentschaftswahl vor fünf Jahren (66,1 Prozent). Seine rechte Herausforderin Marine Le Pen kam auf 41,45 Prozent der Stimmen, wie das Innenministerium nach Auszählung aller Stimmen der zur Wahl registrierten Wähler mitteilte.

Sondersendung: Frankreich hat gewählt

Brennpunkt

Breites Bündnis gegen Le Pen

Der Abstand ist allerdings deutlich geringer als bei der Präsidentschaftswahl 2017 - damals gewann Macron mit 66 Prozent der Stimmen gegen Le Pen. Insofern ist Macrons Sieg auch vor allem als Niederlage Le Pens zu verstehen. Denn viele Parteien und Organisationen hatten vor der Wahl dazu aufgerufen, den Sieg der Rechtspopulistin Le Pen zu verhindern und für Macron zu stimmen. Dem Aufruf sind offenbar viele Französinnen und Franzosen gefolgt - auch wenn sie mit Macrons Politik eigentlich unzufrieden sind. Offiziell verkündet wird das Endergebnis frühestens an diesem Mittwoch.

Macron erwartet schwierige Jahre

Macron selbst nahm diese Unzufriedenheit im Land auf seiner Siegesfeier am Abend auf: "Ich bin mir bewusst, dass mich dieses Votum für die kommenden Jahre verpflichtet", sagte Macron. "Die kommenden Jahre werden sicherlich schwierig sein, aber sie werden historisch sein, und gemeinsam müssen wir sie für die neuen Generationen schreiben", sagte Macron vor seiner Anhängern auf dem Champ-de-Mars in der Nähe des Eiffelturms.

Und er fügte hinzu:

Sie haben sich für ein humanistisches, republikanisches, soziales und ökologisches Projekt entschieden, das auf Arbeit und Kreativität beruht, ein Projekt zur Befreiung unserer akademischen, kulturellen und unternehmerischen Kräfte. Wir werden anspruchsvoll und ehrgeizig sein müssen. Wir haben so viel zu tun, und der Krieg in der Ukraine ist da, um uns daran zu erinnern, dass wir uns in tragischen Zeiten befinden, in denen Frankreich seinen Weg finden muss.

Friederike Hofmann, ARD Paris, zum Wahlergebnis in Frankreich

Morgenmagazin

Macron versprach, niemanden zurückzulassen: "Wir müssen auch wohlwollend und respektvoll sein", so der neue, alte Präsident. "Denn unser Land steckt tief in Zweifeln und Spaltung. Wir müssen stark sein." Es müsse auch die Wut derjenigen angesprochen werden, die für seine Rivalin gestimmt hätten, sagte Macron weiter. Und es müsse darauf reagiert werden, dass so viele Wähler den Urnen ferngeblieben seien.

Sein erstes Telefonat nach dem Sieg führte Macron mit Bundeskanzler Olaf Scholz. Das teilte der Élysée-Palast am Abend mit. Scholz hatte sich seinerseits erleichtert über den Sieg des liberalen Macron gezeigt.

Le Pen: "Spiel noch nicht vorbei"

Le Pen gab sich in einer ersten Reaktion auf das Wahlergebnis kämpferisch: Das Spiel sei noch nicht vorbei, sagte sie zu ihren Anhängern. Denn jetzt beginne der Kampf um die Parlamentswahlen. Ihre Partei Rassemblement National sei offen für alle, die sich gegen Macron verbünden wollten. Dessen Abschneiden zeige ein "großes Misstrauen des Volkes".

In der Niederlage sehe sie "auch eine Hoffnung". Das Ergebnis zeuge von "einem großen Misstrauen des französischen Volkes gegenüber den in Frankreich und Europa Regierenden. Das können sie nicht ignorieren". Unter Jubel erklärt sie, ihre politische Karriere nicht zu beenden. "Ich werde mein Engagement für Frankreich und die Franzosen fortführen mit der Energie, der Beharrlichkeit und der Zuneigung, die Sie von mir kennen", versprach Le Pen.

Auch der linke Präsidentschaftsanwärter Jean-Luc Mélenchon setzt auf die Parlamentswahlen: Er rief Macrons Gegner auf, sich bei der für Juni geplanten Wahl für einen "anderen Weg zu entscheiden" und eine Mehrheit von linken Abgeordneten zu wählen. Er selbst wäre bereit, Macron als Chef einer oppositionellen Regierung die Stirn zu bieten. Die Niederlage Le Pens bezeichnete Mélenchon gleichwohl als "sehr gute Nachricht für die Einheit unseres Volkes".

Niedrigere Wahlbeteiligung

Macron und Le Pen hatten sich im ersten Wahlgang vor zwei Wochen unter insgesamt zwölf Kandidatinnen und Kandidaten durchgesetzt und mussten in die heutige Stichwahl. Die Wahlbeteiligung lag demnach bei rund 72 Prozent. Insgesamt waren 48,7 Millionen Französinnen und Franzosen zur Wahl aufgerufen.

Liberal gegen radikal

Die beiden Kandidaten waren mit sehr unterschiedlichen Programmen angetreten. Macron versprach unter anderem, in seiner zweiten Amtszeit die Vollbeschäftigung anzustreben. Der 44-Jährige will das Rentenalter anheben und die Innovationskraft der französischen Wirtschaft stärken. Macron bekennt sich klar zur Europäischen Union und zur engen Zusammenarbeit mit Deutschland. 

Le Pen hingegen steht für extreme und nationalistische Forderungen, auch wenn sie sich im Wahlkampf um ein gemäßigteres Bild bemühte. So wollte sie etwa eine bevorzugte Behandlung von Franzosen gegenüber Ausländern in der Verfassung festschreiben lassen und ging auf Konfrontationskurs zur EU. So wollte Le Pen etwa nationales Recht über EU-Recht stellen und die Verträge nachverhandeln. Auch die bislang wichtige Zusammenarbeit mit Deutschland stellte sie offen in Frage.

Bangen in Brüssel

Nicht zuletzt wegen der europafeindlichen Haltung Le Pens wurde die Wahl auch Brüssel und Berlin mit Sorge beobachtet. Mehrere europäische Spitzenpolitiker - unter ihnen auch der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz - riefen in einem französischen Zeitungsartikel indirekt zur Wahl Macrons auf.

Der französische Präsident wird für fünf Jahre gewählt. Er beeinflusst die Politik des Landes maßgeblich und spielt eine wichtigere Rolle als die von ihm ernannte Regierungsspitze.

Zusammenstöße in Lyon

Am Abend gab es in mehreren Städten Proteste. In Lyon kam es zu Zusammenstößen zwischen linken Gruppen, "Gelbwesten"-Demonstranten und der Polizei, wie der Sender BFMTV berichtete. Zunächst beschossen die Demonstranten die Gemeindepolizei mit Feuerwerkskörpern, wie auch auf Videobildern zu sehen war. Später schritt die Nationalpolizei ein, um die Ausschreitungen zu beenden.

Auch in Paris kamen Demonstranten abends an mehreren Plätzen zusammen, die weder Macron noch Le Pen für eine sinnvolle Wahl hielten, wie die Zeitung "Le Parisien" berichtete. Von nennenswerten Ausschreitungen war in der Hauptstadt aber zunächst nicht die Rede.

Im westfranzösischen Rennes, wo es bereits nach der ersten Wahlrunde zu Krawallen von linken Gruppen sowie Protesten gegen Rechtsextremismus gekommen war, verbot die Präfektur eine Demonstration am Sonntagabend. Neuerliche Sachbeschädigungen und Angriffe auf die Polizei sollten damit verhindert werden.

Sabine Wachs, Sabine Wachs, ARD Paris, 25.04.2022 00:56 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 24. April 2022 um 20:00 Uhr.