Nahostkonflikt in den Niederlanden Bitte keine Eskalation im eigenen Land
Die Niederlande gelten als einer der treuesten Verbündeten Israels. Doch im aktuellen Nahost-Konflikt hält sich das Land zurück - und bemüht sich um Neutralität.
Kurz vor Öffnung der Ausstellung stehen nur wenige Menschen vor dem Anne-Frank-Haus in Amsterdam. Polizei ist nicht in Sicht, ein Ordner verteilt Schirme gegen den Regen. Während an vielen Orten in der Welt jüdische Schulen oder Synagogen gerade besonders geschützt werden, scheint an dieser berühmten Erinnerungsstätte alles seinen normalen Gang zu gehen: "Wir sind natürlich immer wachsam“, sagt Gladis von der Organisation des Anne-Frank-Hauses. Der Leiter der Gedenkstätte Ronald Leopold, ist zu Gesprächen in den USA.
"Wir sind keine jüdische Organisation und keine israelische Organisation, aber wir haben viele Menschen, die Verbindungen zu Israel haben und es ist jetzt so wichtig miteinander zu sprechen, damit man sich gegenseitig versteht", teilt Gladis ihre privaten Gedanken zur aktuellen Situation.
Kommunikation, Austausch, gegenseitiges Verständnis - die Niederlande versuchen den Nahost-Konflikt nicht im eigenen Land eskalieren zu lassen.
Um Ausgleich bemüht
In Amersfoort in der Mitte des Landes fährt ein Moped mit Palästinenserflagge vorbei. Pro-palästinensische Demonstrationen sind in den Niederlanden erlaubt. Es gibt sie vereinzelt, aber es gehen hier lange nicht so viele Menschen auf die Straße wie zum Beispiel in London.
Lucas Bolsius ist der Bürgermeister von Amersfoort. Er hat gleich nach den Angriffen der Hamas auf Israel unterschiedliche Gruppen an einen Tisch geholt: "Es hat auch Proteste gegeben, aber wir hatten eine Versammlung von verschiedenen Religionen und dann waren muslimische, jüdische, christliche und humanistische Menschen zusammen. Wir müssen jeden Tag daran arbeiten, den Frieden zu erhalten und als Menschen zusammen zu leben."
Auch an den Universitäten des Landes wird die Lage der Palästinenser und Israelis diskutiert. Die Universität von Amsterdam verschickte folgendes Schreiben an die Studierenden:
Wir wissen, welche emotionale Belastung es bedeutet, vor allem für diejenigen, die persönliche oder familiäre Verbindungen zu dieser Region haben. Ihr müsst wissen, ihr seid nicht alleine in euren Gefühlen und Schwierigkeiten, eure Gemeinschaft ist für euch da.
Gleichzeitig bietet die Uni Gesprächsangebote mit geschulten Beratern an.
Lage in Nahost kein Thema im Wahlkampf
Die Niederlande befinden sich mitten im Wahlkampf. Der amtierende Regierungschef Mark Rutte wird nicht mehr antreten. Die anderen Wahlkämpfer umgehen die Lage im Nahen Osten weitgehend.
Peter Malcontent, der an der Universität in Utrecht internationale Geschichte unterrichtet, erklärt warum: "Außenpolitische Themen spielen bei einer Wahl selten eine Rolle, viele Menschen wissen nicht, was sie mit dem Konflikt anfangen sollen. Sie verstehen die beiden Parteien nicht, die Politiker in den Niederlanden sprechen das Thema nicht an, außer sie werden von den Journalisten danach gefragt und das passiert nicht so oft."
Der Nahost-Konflikt wird in den Niederlanden jedenfalls weniger emotional diskutiert als in anderen europäischen Ländern. Vielleicht ist das ein Grund, warum die Aktivistin Greta Thunberg eine Klimademo nutzte, um ihre politische Haltung zum Ausdruck zu bringen. Ein Übergriff, den ihr die Umweltschützer im Land ziemlich übel nahmen.