NATO-Übung in Polen Manöver mit Signalwirkung
Die NATO hält im Nordosten Polens ein lang geplantes Manöver ab. Angesichts des russischen Angriffskrieges in der Ukraine hat die Übung aber eine ganz andere Signalwirkung - besonders, weil sie genau hier stattfindet.
Ein gepanzertes Fahrzeug wird beschossen, ein Soldat liegt verletzt auf der Straße. Sanitäter kommen, andere Soldaten sichern das Gebiet. Plötzlich rattern Panzer durchs Gelände: deutsche "Leopard 2", polnische "T91" und am Ende amerikanische "Abrams"-Panzer. Dann beginnt der Beschuss der feindlichen Stellungen.
Alles Show, alles nur eine Übung. Aber laut genug, um sehr bedrohlich zu wirken - wäre da nicht die monotone Stimme eines polnischen Offiziers, die den Gästen erklärt, was sie da sehen.
Bundeswehrgeneral führt Kommando
Die NATO übt für den Ernstfall, in Masuren, ganz im Nordosten Polens. Das ist das Gebiet von Jürgen-Joachim von Sandrart. Der Bundeswehrgeneral kommandiert das multinationale NATO-Korps Nordost. Diese Übung, sagt er, sei zwar lange geplant, habe jetzt, nach dem russischen Angriff, aber doch eine andere Bedeutung
"Die gesamte Ausbildung und Übung, die hier stattfindet, findet natürlich schon vor einem Hintergrund statt, der den Soldaten den Ernst der Lage bewusst macht" so von Sandrart. "Uns allen ist der Ernst der Lage bewusst." Er sei seit 40 Jahren Soldat, habe noch im Kalten Krieg 1982 angefangen. "Ich kann mich noch daran erinnern, was es bedeutet, am Ende an der innerdeutschen Grenze Deutschland zu verteidigen und die Sicherheit zu gewährleisten. Damals waren wir erfolgreich, und ich hoffe, dass wir auch weiterhin mit dem gleichen Ansatz erfolgreich sind."
Übung soll Verteidigungsfähigkeit der NATO demonstrieren
Defensiv, heißt das, hier wird nur Verteidigung geübt. Eine Woche lang. Militärs aus sechs NATO-Mitgliedsstaaten nehmen daran teil, unter anderem aus Polen, den USA und Deutschland. Eine Panzereinheit aus Munster in Niedersachsen ist auf dem Feld. Eigentlich sind die Bundeswehrsoldaten gerade im Rahmen der NATO-Mission "Enhanced Forward Presence" in Litauen stationiert. Jetzt schießen sie hier auf imaginäre Feinde.
Es ist eine Übung, die die Verteidigungsfähigkeit der NATO demonstrieren soll, aber auch die deutsche Bereitschaft, sich daran zu beteiligen, sagt der deutsche Botschafter in Polen, Thomas Bagger. Sie sei wichtig, gerade weil sie hier stattfindet - nahe an der strategisch wichtigen Suwałkilücke, die nur 65 Kilometer breit ist.
Der russische Krieg gegen die Ukraine hat die Sicherheitslage in Europa dramatisch verändert. Ich denke, das ist die Botschaft dieser Übung: Polens Sicherheit ist auch unsere Sicherheit.
Sicherheit hängt maßgeblich von Suwałkilücke ab
Diese Sicherheit hängt maßgeblich von der sogenannte Suwałkilücke ab: einer schmalen Landverbindung zwischen den NATO-Staaten Polen und Litauen. Im Westen die russische Exklave Kaliningrad, im Osten Belarus. Im Kriegsfall gilt dieses Gebiet als besonders gefährdet. Würden russische Truppen die Suwałkilücke schließen, wären die baltischen Staaten abgeschnitten.
Die NATO hat ihre Ostflanke verstärkt und sendet Signale der Entschlossenheit - nach innen, aber vor allem nach Moskau. Diese Übung gehört dazu.