Polizisten sperren die Santa Maria-Kirche in Istanbul ab

Türkei Festnahmen nach Angriff auf Kirche in Istanbul

Stand: 29.01.2024 01:33 Uhr

Nach dem Überfall auf einen katholischen Gottesdienst in Istanbul haben die türkischen Behörden zwei Männer festgenommen. Bei ihnen soll es sich um Mitglieder der Terrormiliz "Islamischer Staat" handeln. Ein Mann war bei dem Angriff getötet worden.

Nach einem Angriff auf eine katholische Kirche in Istanbul mit einem Toten hat die türkische Polizei zwei flüchtige Verdächtige gefasst. Das teilte Innenminister Ali Yerlikaya am Sonntagabend mit.

Man habe Razzien an 30 Adressen durchgeführt und im Zuge der Ermittlungen insgesamt 47 Personen festgenommen, sagte Yerlikaya. "Wir werden niemals diejenigen tolerieren, die versuchen, den Frieden in unserem Land zu stören - Terroristen, ihre Kollaborateure, nationale und internationale kriminelle Gruppen und diejenigen, die unsere Einheit und Solidarität angreifen."

IS-Bekenntnis auf Telegram

Bei den Festgenommenen handle sich um Mitglieder der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS), sagte Yerlikaya auf einer Pressekonferenz kurz nach Mitternacht (Ortszeit). Einer der Verdächtigen stamme aus Tadschikistan und der andere aus Russland.

Der IS reklamierte den Angriff über sein Sprachrohr Naschir für sich. Mit ihrer Tat seien die Täter dem Aufruf der IS-Führung gefolgt, überall Christen und Juden zu töten, erklärte die Dschihadistenmiliz in ihrer Bekenner-Botschaft im Messengerdienst Telegram.

Mehr als 35 Menschen zum Tatzeitpunkt vor Ort

Zwei Maskierte waren am Sonntagmorgen während des Gottesdienstes in die katholische Kirche Santa Maria im Stadtteil Sariyer eingedrungen und töteten einen Mann. Das Opfer war Medienberichten zufolge 52 Jahre alt. Den Tätern gelang zunächst die Flucht.

"Nach dem zweiten Schuss funktionierte die Waffe nicht mehr", sagte der Stadtteil-Bürgermeister Sükrü Genc zu Reportern. Daraufhin seien die Angreifer geflüchtet. "Zu diesem Zeitpunkt lagen alle auf dem Boden", fuhr er fort. "Zwischen 35 und 40 Menschen" seien in der Kirche gewesen. Nach Angaben von Istanbuls Gouverneur Davut Gül gab es keine Verletzten. Kurz nach der Tat hatten die Behörden die Einschätzung geäußert, der Angriff habe sich offenbar nicht gegen die katholische Kirche, sondern gezielt gegen das Opfer gerichtet.

Beileidsbekundungen aus Italien und der Türkei

Der Bürgermeister von Istanbul, Ekrem Imamoglu, sprach vor Reportern sein Beileid aus und bot allen Gläubigen in der Stadt Unterstützung an. "Es gibt keine Minderheiten in dieser Stadt oder in diesem Land. Wir sind alle echte Bürger", sagte er. In einem Telefonat mit Kirchen- und örtlichen Behördenvertretern bekundete auch der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan sein Beileid. 

In seiner Ansprache auf dem Petersplatz in Rom äußerte sich Papst Franziskus am Sonntag zu der Tat. Er wolle seine Verbundenheit mit der kirchlichen Gemeinschaft in Istanbul ausdrücken, sagte das Oberhaupt der katholischen Kirche.

Der italienische Außenminister Antonio Tajani teilte mit, sein Ministerium beobachte die Lage zusammen mit der italienischen Botschaft in Ankara und dem Konsulat in Istanbul. "Ich spreche mein Beileid aus und verurteile den abscheulichen Angriff auf die Kirche Santa Maria aufs Schärfste", schrieb Tajani auf X. Die Kirche wird von einem italienischen Orden der Franziskaner geleitet.

Mehr als 180.000 Christen in der Türkei

Die im 19. Jahrhundert erbaute Kirche Santa Maria liegt im Stadtteil Sariyer im europäischen Teil der Großstadt. Die Menschen in der Türkei sind zu mehr als 99 Prozent muslimischen Glaubens. Der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge leben zudem mehr als 180.000 Christen im Land.

Im Dezember hatten die türkischen Sicherheitskräfte 32 mutmaßliche Anhänger der Dschihadistenmiliz "Islamischer Staat" unter dem Verdacht festgenommen, Anschläge auf Synagogen, Kirchen und die irakische Botschaft in der Türkei geplant zu haben.

 

Uwe Lueb, ARD Istanbul, tagesschau, 29.01.2024 08:52 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete BR24 am 28. Januar 2024 um 13:13 Uhr.