Deutsch-französischer Kampfpanzer Gemeinsam in Richtung Verteidigung
Nach jahrelangen Verhandlungen haben sich Deutschland und Frankreich auf den Bau eines gemeinsamen Kampfpanzersystems verständigt. Ein wichtiger Schritt für die beiden Länder und dieses Mal soll einiges anders ablaufen.
Geradezu gelöst traten Verteidigungsminister Boris Pistorius und sein französischer Kollege Sébastien Lecornu vor die Presse. In flüssigem Französisch dankte Pistorius "dem lieben" Sébastien, bei diesem schwierigen Panzerprojekt immer wieder den direkten Draht zu ihm gesucht und auf diese Weise Lösungen gefunden zu haben. Frankreich und Deutschland hätten große Ambitionen, so Pistorius und das Kampfpanzersystem Main Ground Combat System (MGCS) stehe genau dafür.
"Es geht um etwas völlig Neues", erklärte der Minister. Das MGCS ermögliche miteinander vernetzte Gefechtsfahrzeuge, die teilweise auch unbemannt miteinander kooperieren können. Außerdem autonomes taktisches Navigieren, eine robuste Cloud-Umgebung und resiliente, digitale Automatisierung. Künstliche Intelligenz werde ebenfalls dazu beitragen, "dass wir mit MGCS einen deutlichen qualitativen Fähigkeitsvorsprung für die Landes- und Bündnisverteidigung erreichen."
Staat als Auftraggeber
Sein Partner, der französische Verteidigungsminister Sébastien Lecornu, sagte es so: "Es geht nicht so sehr um den Panzer der Zukunft, sondern um die Zukunft des Panzers." Der Kern dieser Absichtserklärung sei, "dass wir 2040 einen gemeinsamen Panzer haben. Denn wir haben im Großen und Ganzen die gleichen Gegner und müssen gemeinsam trainieren."
Pistorius und Lecornu betonten, dass der Staat - anders als bei anderen Projekten - beim MGCS ganz klar als Auftraggeber auftrete und sich die Industrie entsprechend anzupassen habe. Das sei eine Lehre, die man aus den schwierigen Verhandlungen um das Luftkampfsystem FCAS gezogen habe.
Der Schwung, den beide Minister heute zur Schau stellten, rührte vielleicht auch aus der Erleichterung, dieses schwierige Projekt endlich auf die Schiene gesetzt zu haben. Jahrelang konnte man sich nicht einigen.
Beteiligte Unternehmen teils Konkurrenten
Das hat zwei Gründe, erklärt Gaspard Schnitzler vom Thinktank IRIS (institut de relations internationales et stratégiques), das zu geopolitischen und strategischen Themen arbeitet. Zum einen seien die beteiligten deutschen und französischen Unternehmen - Rheinmetall und KNDS - auf manchen Feldern nicht nur Partner, sondern auch Konkurrenten.
Zum anderen hätten die Armeen und damit die Regierungen unterschiedliche operationelle Bedürfnisse und auch der Zeitplan sei unterschiedlich. "Frankreich braucht den Panzer recht früh. Der Leclerc geht 2030/35 außer Betrieb. Deutschland dagegen mit seinem modernisierten Leopard kann bis 2040/45 warten."
Pistorius betont Vision einer starken EU
Nun also will man an einem Strang ziehen. Gleich zweimal bezog sich Pistorius auf die gestrige Europa-Rede Emmanuel Macrons an der Sorbonne-Universität und unterstützte seine Vision einer starken, wehrfähigen EU: "Wir brauchen ein europäisches Verständnis von Rüstungsindustrie." Man müsse angesichts der Entwicklung in der Welt, langfristig die besten Lösungen in Europa entwickeln. "Also die besten Lösungen am besten aus Europa."
Man werde sich weitere Partner mit ins Boot holen, etwa Polen, erklärte Pistorius. Das Projekt MGCS spiegele nicht nur die Ambitionen, die man an den Tag lege, sondern sei auch Ausdruck eines "starken gegenseitigen Vertrauens, auf das es in diesen Tagen noch mehr ankommt, als jemals zuvor."
Ende des Jahres soll der endgültige Vertrag fertig sein. 2025 werden die Parlamente über das Projekt abstimmen, damit der Panzer, so das Ziel, 2040 einsatzbereit ist.