Tief "Anett" So ist die Lage in den Überschwemmungsgebieten
In den vom Hochwasser betroffenen Gebieten in Österreich, Polen, Tschechien und Rumänien ist die Situation weiter kritisch. Auch in Deutschland bereiten sich Einsatzkräfte vielerorts auf steigende Pegel vor.
Österreich: Zwei weitere Tote, keine Entspannung
In Österreich sind zwei weitere Menschen durch das Hochwasser ums Leben gekommen. Ein 70 Jahre alter Mann und ein 80-Jähriger seien in ihren Häusern in Niederösterreich gestorben, sagte ein Polizeisprecher der Nachrichtenagentur Reuters. Die beiden Männer seien im Inneren der Gebäude den Wassermassen zum Opfer gefallen.
Niederösterreich ist weiterhin am schlimmsten von den Überschwemmungen betroffen. Mehr als 200 Straßen in Niederösterreich seien gesperrt, 1.800 Gebäude geräumt, viele Schülerinnen und Schüler seien zu Hause geblieben, sagte Landeshauptfrau (Ministerpräsidentin) Niederösterreichs, Johanna Mikl-Leitner. Etwa 3.500 Haushalte seien aktuell ohne Strom. Wegen anhaltendem Regen bestehe "höchste Dammbruchgefahr", so die Behörden.
Niederösterreich sei weiter im Katastrophenmodus, berichtete ARD-Korrespondentin Anna Tillack. Ein Problem seien die kleineren Dämme im Land, die schon gebrochen sind. "Da müssen jetzt Hubschrauber fliegen und versuchen diese Dämme mit großen Sandsäcken wieder abzustützen." Eine weitere Herausforderung seien die großen Stauseen im Land und die Sorge davor, dass sie überlaufen könnten.
Die Hauptstadt Wien, die von Niederösterreich umgeben ist, war auch am Montag von massiven Problemen im öffentlichen Verkehr betroffen. Vier der fünf U-Bahnlinien in der Zwei-Millionen-Einwohner-Stadt fuhren nur auf Teilstrecken. Zudem fahren keine Züge des staatlichen Bahnunternehmens ÖBB auf den südlichen und westlichen Verbindungen von und in die Hauptstadt.
Auf der Donau in Wien sitzen etwa 100 Passagiere und 40 Crewmitglieder auf einem Schweizer Flusskreuzfahrtschiff fest. Dieses sei zwar am Ufer festgezurrt, wie der Sender SRF unter Berufung auf das Reiseunternehmen Thurgau Travel berichtete. Allerdings sei der Steg zum Pier überflutet, weshalb die Menschen nicht von Bord könnten.
Tschechien: Weitere Tote, Pegelstände steigen
Auch in Tschechien verzeichneten die Behörden am Montag drei weitere Todesopfer. Unter anderem sei in der Nähe von Bruntal im Nordosten des Landes ein Mensch im Fluss Krasovka ertrunken, sagte Polizeichef Martin Vondrasek. Acht Menschen würden noch vermisst.
In den Hochwasser- und Überschwemmungsgebieten im Land ist keine Entspannung in Sicht. Die Flutwelle an der March (Morava) erreichte Litovel, knapp 200 Kilometer östlich der Hauptstadt Prag. Dort standen ganze Straßenzüge unter Wasser, wie die Agentur CTK berichtete. Eine weitere Zunahme des Wasserstands des Flusses wird erwartet. Auch an vielen anderen Orten stiegen die Pegelstände.
Regierungschef Petr Fiala sprach von einem Jahrhunderthochwasser, also ein Hochwasser, das statistisch gesehen einmal im Jahrhundert an gleicher Stelle vorkommt. Im ganzen Land wurde für Montag mit weiterem Regen gerechnet, der im Süden auch intensiv ausfallen kann.
Polen: Breslau erwartet Flutwelle am Mittwoch
Anhaltende Regenfälle führten vor allem im Südwesten des Landes zu Hochwasser. In der Nacht zum Montag war besonders die Kleinstadt Nysa in der Region Oppeln betroffen. Das Wasser aus einem Nebenfluss der Oder drang in die Notaufnahmestation des örtlichen Kreiskrankenhauses ein. Insgesamt 33 Patienten wurden von dort mit Schlauchbooten in Sicherheit gebracht, darunter auch Kinder und Schwangere. Örtliche Behörden ordneten Evakuierungen in Nysa sowie in der Kleinstadt Paczkow an.
Die Stadt Breslau (Wroclaw) in Niederschlesien bereitet sich auf eine Flutwelle vor. Bürgermeister Jacek Sutryk rief Hochwasseralarm für die Stadt an der Oder aus. Zu den damit verbundenen Sicherheitsmaßnahmen gehörten die Überwachung der Deiche rund um die Uhr, die Kontrolle und der Schutz von Kanälen sowie die Schließung von Deichübergängen, sagte Sutryk in einem auf Facebook verbreiteten Video.
Voraussichtlich wird die Flutwelle Breslau am Mittwoch erreichen. Voraussichtlich werde die Flut aber nicht so hoch wie beim Oderhochwasser 1997. Damals wurde ein Drittel der Stadt überflutet.
Die polnische Regierung kündigte Soforthilfen in Höhe von mindestens einer Milliarde Zloty (230 Millionen Euro) an. "Wir haben vorerst eine Reserve von einer Milliarde Zloty für die von den Überschwemmungen betroffenen Orte und Menschen bereitgestellt", gab Ministerpräsident Donald Tusk bekannt.
Rumänien: Sieben Tote, Tausende Häuser überschwemmt
Auch in Rumänien bleibt die Hochwasserlage angespannt. Im Karpatenland sind mindestens sechs Menschen ums Leben gekommen. Am Montag sei das siebte Opfer im ostrumänischen Dorf Grivita nahe der Stadt Galati gefunden worden, berichtete die rumänische Nachrichtenagentur Mediafax unter Berufung auf den Katastrophenschutz. Betroffen waren vor allem die Regionen Galati, Vaslui und Iasi im Osten des Landes. Etwa 300 Menschen mussten dort in Sicherheit gebracht werden, rund 6.000 Bauernhäuser wurden vom Hochwasser erfasst.
Unter den Opfern sind hauptsächlich ältere Menschen, unter ihnen zwei Frauen im Alter von 96 und 86 Jahren. Von den Wassermassen sind meist abgelegene Dörfer betroffen. Menschen kletterten auf Hausdächer, um nicht von den Fluten mitgerissen zu werden. Hunderte Feuerwehrleute waren im Einsatz.
Deutschland: Pegelstände steigen
Auch in Deutschland steigen die Pegelstände, etwa an der Elbe in Sachsen, aber auch an Neiße und Oder. In Dresden wird im Tagesverlauf mit einem Überschreiten der Sechs-Meter-Markierung der Elbe gerechnet. Ab diesem Wert gilt die zweithöchste Alarmstufe drei - Überschwemmungen auch von bebauten Gebieten sind dann möglich.
Auch in Bayern ist neuer Regen angesagt. Ein Hochwasser wie im Juni sei aber nicht zu befürchten. Von Mittwoch an dürfte sich die Lage den Angaben zufolge dann allmählich entspannen.
Der Deutsche Feuerwehrverband sieht den Katastrophenschutz in Deutschland gut für drohende Hochwasser gewappnet. "Grundsätzlich sind wir in Deutschland gut auf Hochwasserlagen vorbereitet - auch aufgrund der jüngsten Ereignisse", sagte Verbandspräsident Karl-Heinz Banse der Rheinischen Post.
"Es wurden nicht nur aus den Starkregenereignissen in Ahrtal und Nordrhein-Westfalen Erkenntnisse gezogen, sondern auch die Hochwasserlagen in diesem Jahr in mehreren Teilen Deutschlands haben hierzu beigetragen." Die Planungen in den betroffenen Ländern liefen auf Hochtouren.