Zweieinhalb Jahre Haft Der tiefe Fall des Boris Becker
Tennis-Ikone Boris Becker muss für zweieinhalb Jahre ins Gefängnis. Das Londoner Gericht ließ sich angesichts von Beckers Insolvenzverschleppung auch von dem emotionalen Plädoyer seines Anwalts nicht mehr umstimmen.
Vor der Urteilsverkündung nach der Mittagspause ließ die Richterin Deborah Taylor den angeklagten Boris Becker eine halbe Stunde im Gerichtssaal warten, bevor sie eintrat und noch einmal detailliert auf die vier Punkte einging, wegen derer Becker schuldig gesprochen worden war.
Becker, der in einem Glaskasten saß, nickte ihr während ihrer Ausführungen zu. Taylor betonte, der Anklagepunkt Nummer vier habe für sie am schwersten gewogen: Becker hatte noch fast eine halbe Million Euro unter anderem an seine Ex-Frauen Lilly und Barbara überwiesen, nachdem ihm das wegen des laufenden Insolvenzverfahrens schon untersagt gewesen wäre. Zudem habe Becker keine Reue gezeigt.
Becker muss direkt ins Gefängnis
Als Taylor das Strafmaß - zwei Jahre und sechs Monate - verkündete, blickte Becker starr mit hochrotem Kopf vor sich hin. Eine Gerichtsmitarbeiterin führte ihn dann aus dem Glaskasten ab. Nach dem Schuldspruch musste er direkt ins Gefängnis, auch wenn seine Anwälte noch Rechtsmittel einlegen können.
Zuvor hatte die Staatsanwältin Rebecca Chalkley noch einmal zu einzelnen Anklagepunkten Stellung genommen, Beckers Schuld und Absicht bei der Verschleierung seiner Vermögensverhältnisse im Insolvenzprozess unterstrichen und eine Haftstrafe gefordert.
Beckers Anwalt Jonathan Laidlaw wies den Vorwurf der Absicht erneut zurück und führte aus, Becker sei in einer verzweifelten Lage gewesen und habe finanzielle Verpflichtungen wie Anwaltskosten und Arztrechnungen weiter begleichen wollen, aber kein Geld für einen luxuriösen Lebensstil abgezweigt. Laidlaw endete mit einem sehr emotionalen Plädoyer, in dem er ausführte, Becker sei als einstiger Top-Star sehr tief gefallen, er habe bereits einen hohen Preis für sein Fehlverhalten gezahlt, er sei gedemütigt und bankrott und für den Rest seines Lebens auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Die Richterin möge ihm eine Haftstrafe ersparen.
Becker kann noch juristisch kämpfen
Becker trug einen grauen Anzug und als Mitglied des All England Lawn Tennis Clubs eine Krawatte in den Wimbledon-Farben grün und lila. Seine Lebensgefährtin Lilian und sein Sohn Noah, der eine grüne Reisetasche mitgebracht hatte, waren mit im Gericht. Auch einige Freunde sprachen Becker in der Mittagspause Mut zu. Der Medienrummel rund um den Southwark Crown Court war groß. Alle Presseplätze im Gerichtssaal waren vor allem von deutschen Medienvertretern besetzt.
Bereits vor drei Wochen hatte ein Geschworenengericht Boris Becker wegen Insolvenzverschleppung schuldig gesprochen. Die Geschworenen waren zu dem Urteil gekommen, dass Boris Becker in vier von ursprünglich 24 Anklagepunkten schuldig ist. Demnach soll Becker seinem Insolvenzverwalter Teile seines Vermögens vorenthalten haben, nachdem er 2017 für zahlungsunfähig erklärt worden war.
Zwei Dinge kann Becker nun noch anfechten: den Schuldspruch an sich, denn er hat immer bestritten, er habe Vermögenswerte absichtlich verschwiegen. Und zweitens kann auch gegen das Strafmaß Widerspruch eingelegt werden. Doch das Gericht muss die Anfechtung erst zulassen. Das alles kostet Zeit - und die Aussichten, das Urteil mit Verweis auf Rechts- oder Verfahrensfehler noch zu drehen zu können, scheinen eher gering.
Beckers Anwalt: Kein Verbrechen, sich auf Berater zu verlassen
Ursprünglich war Boris Becker vorgeworfen worden, Vermögen wie Immobilien, Konten und wichtige Trophäen, wie seinen Wimbledon-Pokal von 1985, in dem Insolvenzverfahren, das 2017 gegen ihn eingeleitet worden war, nicht ordnungsgemäß angegeben zu haben. Becker hat das stets bestritten.
Die Staatsanwältin hatte in ihrem Plädoyer betont, Becker habe sein Vermögen absichtlich verschwiegen und die Schuld anschließend seinen Finanzberatern zugeschoben. Beckers Verteidiger hatte erklärt, sein Mandant sei zwar naiv gewesen und hätte sich um seine Finanzen nicht gekümmert. Er sei aber trotzdem unschuldig, denn es sei kein Verbrechen, sich auf Berater zu verlassen.