Sunak und Truss bei einer Wahlkampfveranstaltung

Großbritannien Truss, Sunak und der Schatten Johnsons

Stand: 05.09.2022 05:04 Uhr

Wochen des Stillstands gehen in Großbritannien zu Ende. Am Mittag teilen die Tories mit, wen die Parteimitglieder zum Nachfolger von Boris Johnson gewählt haben - Umfragen sehen eine klare Favoritin.

Vieles, was die beiden Spitzenkandidaten Rishi Sunak und Liz Truss in den vergangenen Wochen verkündet haben, würden wahrscheinlich beide unterschreiben. Beide wollen die Überfahrt von Flüchtlingen von Frankreich nach England stoppen.

Beide betonen immer wieder, dass die Konservative Partei auf der Seite der Selbständigen, der Unternehmer steht, also derer, die Jobs schaffen.

Und beide sind Brexiteers, wollen nun endlich alles tun, damit sich die Chancen, die - aus ihrer Sicht - der Brexit bringt, voll entfalten können.

 

Wo die Gemeinsamkeiten enden

Doch es gibt auch Unterschiede. Da ist Liz Truss, die in den vergangenen Wochen durchblicken ließ, dass sie die Politik von Boris Johnson fortsetzen will und auch seinen Politikstil. Den Untersuchungsausschuss im Parlament, der sich mit der Frage beschäftigt, ob Johnson die Abgeordneten angelogen hat, will sie auflösen.

Rishi Sunak hingegen geht auf Distanz zu Johnson. Er werde, verspricht er, eine Regierung anführen, die "kompetent und anständig geführt wird".

Schattenkandidat Johnson

Sunak weiß, dass er damit die Mehrheit der Briten auf seiner Seite hat. Aber im Wahlkampf wurde auch deutlich: Bei den Parteimitgliedern gibt es noch einen dritten Kandidaten, einen Schattenkandidaten - Boris Johnson.

Die Parteibasis hält nach wie vor zu ihm. Punkt also für Liz Truss.

Kandidatin der einfachen Lösungen

Sie war in den vergangenen Wochen die Kandidatin der einfachen Lösungen. Steuern runter für mehr Wachstum, auch wenn Experten bezweifeln, dass die Regierung sich das überhaupt leisten kann.

Sunak griff sie hier an, die Politikerin, die gerne schon mal für die Fotografen in den gleichen Posen verharrte wie Margaret Thatcher, die legendäre ehemalige Premierministerin.

Und sie verkündete, sie habe "den richtigen Plan, um die Inflation zu bekämpfen, um die zu unterstützen, die unsere Hilfe brauchen und dabei an die nachfolgenden Generationen zu denken". Um dann die Ikone der Tories ins Spiel zu bringen: "Denn Margaret Thatcher wusste schon, es ist nicht richtig, die Kreditkarte eines Landes voll auszuschöpfen. Das ist nicht verantwortungsvoll und auch nicht konservativ!"

Mit Steuersenkungen punkten

Doch die Steuersenkungen ziehen bei vielen Parteimitgliedern. Sie wollen, dass der Staat sich möglichst aus vielem raus hält, weniger Aufgaben übernimmt, es keine Hilfszahlungen für Bedürftige gibt, die schon bald nicht mehr die Energie-Rechnungen bezahlen können dürften.

Truss wettert gegen Brüssel, setzt sich für ein härteres Vorgehen der Polizei ein, um Kriminalität zu bekämpfen und wettert gegen "wokeness".

Eine Frau könne nur eine Person sein, die auch als Frau geboren wurde, sagte Truss bei einem Auftritt in London und behauptete, dass linke Lehrerinnen und Lehrer es in den Schulen anders vermittelten. Sie wolle dies ändern.

Der Saal ist begeistert, egal ob es stimmt oder nicht.

Christoph Prössl, Christoph Prössl, ARD London, 05.09.2022 06:55 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 05. September 2022 um 09:00 Uhr.