USA zu umstrittenem "Agenten-Gesetz" "Georgische Regierung muss Kurs ändern"
Das georgische Parlament hat das rigide Gesetz zur Kontrolle von Medien und NGOs auf den Weg gebracht. Der Westen fordert Tiflis zum Einlenken auf - denn auf dem Spiel steht auch der EU-Beitritt. Die Proteste im Land gehen weiter.
Das umstrittene und in dritter Lesung vom georgischen Parlament verabschiedete Gesetz zur "ausländischen Einflussnahme" hat erneut auch im Ausland für scharfe Kritik gesorgt. Die US-Regierung rief die Führung des Landes auf, den mit dem Gesetz eingeschlagenen politischen Kurs zu verlassen. "Unserer Ansicht nach muss die georgische Regierung den Kurs, auf dem sie sich befindet, ändern", sagte der Sprecher des US-Außenministeriums, Vedant Patel.
Das Gesetz, gegen das in Tiflis seit Wochen Tausende Menschen auf die Straßen gehen, sieht vor, dass sich Organisationen und Medien, die zu mindestens 20 Prozent aus dem Ausland finanziert werden, künftig bei den Behörden als Organe registrieren lassen müssen, welche die "Interessen ausländischer Mächte verfolgen". Kritiker sehen darin eindeutige Parallelen zum Gesetz gegen "ausländische Agenten" in Russland, das es den dortigen Behörden ermöglicht, massiv gegen kritische Medien und Organisationen vorzugehen.
Gegner sehen Zivilgesellschaft gefährdet
Die Opposition, die EU und die USA befürchten daher eine Stigmatisierung und staatliche Unterdrückung pro-westlicher Kräfte in der Ex-Sowjetrepublik, die vielfach finanzielle Unterstützung aus anderen Ländern erhalten. Die Gegner des Gesetzes sehen mit dem autoritären Kurs der Partei Georgischer Traum zudem den angestrebten EU-Beitritt Georgiens in Gefahr.
Außenamtssprecher Patel verwies auch auf Umfragen, wonach sich 80 Prozent der Georgier einen Beitritt ihres Landes zur Europäischen Union wünschen. Auch habe die Regierung in Tiflis den Wunsch danach sowie nach Beziehungen mit transatlantischen Organisationen wie der NATO geäußert. "Dinge wie dieses Gesetz passen mit diesen Zielen nicht zusammen", sagte Patel.
Präsidentin kündigt Veto an
Auch das Weiße Haus äußerte sich "tief besorgt" über die Verabschiedung des Gesetzes. Sprecherin Karine Jean-Pierre sagte, die USA seien angesichts dieser Entwicklung verpflichtet, ihre Beziehungen zu Georgien grundlegend zu überdenken. Die US-Regierung rechne mit einem Veto von Staatspräsidentin Salome Surabischwili. "Wir werden sehen, was das Parlament dann macht", sagte Jean-Pierre.
Die pro-europäische Präsidentin hatte bereits angekündigt, ein Veto gegen das Gesetz einzulegen. Die Regierungspartei verfügt aber über genügend Abgeordnete im Parlament, um sie zu überstimmen.
Mahnende Stimmen aus der EU
In Kopenhagen mahnte EU-Ratspräsident Charles Michel auf einer Konferenz zum Thema Demokratie mit Blick auf Georgien, dass das Land fundamentale Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit sowie demokratische Prinzipien achten müsse, wenn es der EU beitreten wolle. Bereits im Vorfeld der Abstimmung hatte zudem ein EU-Sprecher gewarnt: "Die EU-Mitgliedstaaten sagen ganz klar, dass eine Verabschiedung dieses Gesetzes ein ernsthaftes Hindernis für die europäische Perspektive Georgiens darstellt."
Erneut Proteste in Tiflis
Auch am Dienstag waren viele zumeist junge Demonstranten am Parlamentsgebäude versammelt. Sie reagierten empört auf die Abstimmung. Einige versuchten, Barrikaden zu überklettern und ins Parlament zu gelangen. Mit starken Kräften trieb die Polizei, die auch Wasserwerfer einsetzte, die Demonstranten zurück. Dreizehn wurden nach Angaben des Innenministeriums festgenommen, da sie den Angaben nach den Anweisungen der Polizei nicht gefolgt seien. Die Frau des Aktivisten David Katsarava berichtete, ihr Mann sei von der Polizei nach seiner Festnahme zusammengeschlagen worden.
Angesichts der Proteste schrieb die Präsidentin des EU-Parlaments, Roberta Metsola, auf der Plattform X: "Tiflis, wir hören dich! Wir sehen euch! Die Georgier auf den Straßen träumen von Europa." Das Europäische Parlament stehe an der Seite der Menschen in Georgien, versicherte sie.