EU-Grenzschutzagentur Frontex-Chef Leggeri bietet Rücktritt an
Der Chef der EU-Grenzschutzbehörde Frontex ist nach übereinstimmenden Medienberichten zum Rücktritt bereit. Leggeri war wegen möglicher illegaler Pushbacks von Schutzsuchenden im Mittelmeer in die Kritik geraten.
Der Chef der EU-Grenzschutzagentur Frontex, Fabrice Leggeri, hat seinen Rücktritt angeboten. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums bestätigte dies in Berlin. Der Verwaltungsrat der Agentur will sich nun mit dem Fall befassen.
Die Bundesregierung begrüßt den angebotenen Rückzug. Dieser gebe die Möglichkeit eines Neuanfangs bei Frontex sowie dazu, Vorwürfe restlos aufzuklären und sicherzustellen, dass alle Einsätze der Agentur im vollen Einklang mit dem europäischen Recht erfolgten, sagte der Sprecher. Das sei die klare Erwartung der Bundesregierung. Deutschland hat einen Sitz im Verwaltungsrat von Frontex.
Zuvor hatte der "Spiegel" berichtet, dass sich Leggeri mit seinem Rücktrittsgesuch an den Vorsitzenden des Verwaltungsrates gewandt habe. In dem Schreiben bittet er demnach um die Annahme seines Rücktrittsgesuchs und bedankt sich für die "unschätzbare Erfahrung", die er bei Frontex gesammelt habe. Von offizieller Seite gab es zunächst keinen Kommentar.
Berichte über illegale Pushbacks
Der Franzose Leggeri war im Zusammenhang mit Berichten über Menschenrechtsverletzungen durch Frontex an den EU-Außengrenzen unter Druck geraten. Medien hatten über illegale Pushbacks von Schutzsuchenden in der Ägäis berichtet, in die Frontex verwickelt sein soll. Demnach sollen Führungskräfte der Behörde absichtlich vertuscht haben, dass griechische Grenzschützer Flüchtlinge zurück aufs offene Mittelmeer brachten.
Leggeri habe "über Monate hinweg versucht, die Pushbacks zu vertuschen", so der "Spiegel". Bis heute habe er keine Rechtsbrüche eingeräumt. Zurückweisungen von Schutzsuchenden an den Außengrenzen sind nach internationalem Recht illegal.
Sea Watch: Rücktritt überfällig
Die deutsche Hilfsorganisation Sea Watch, die sich für die Rettung von Bootsflüchtlingen im Mittelmeer einsetzt, nannte den Rücktritt Leggeris "überfällig, aber nicht ausreichend". Die Grenzschutzagentur breche "systematisch Menschenrecht" und sei ein "Symbol tödlicher europäischer Abschottung". Sie müsse deshalb abgeschafft werden.
Auch die Europaabgeordnete Cornelia Ernst von der Linkspartei begrüßte den Rücktritt. Leggeri sei "aktiv an der Komplizenschaft von Frontex bei Grundrechtsverletzungen und der Vertuschung dieser beteiligt" gewesen, erklärte sie in Brüssel. Ernst gehört einem Untersuchungsausschuss an, der seit längerem auf Aufklärung dringt.
EU-Kommission verteidigt Frontex
Sprecher der EU-Kommission in Brüssel wiesen die Rufe nach einer Auflösung von Frontex zurück. Die Agentur erfülle eine zentrale Rolle, indem sie die Mitgliedstaaten beim Schutz der Außengrenzen unterstütze und "zugleich die Grundrechte hochhalte". Dafür müsse Frontex aber stabil sein und gut funktionieren.