Präsidentschaftswahl in Frankreich Das rechte Duell
Zwei Präsidentschaftskandidaten aus dem rechten Lager - zwei Wahlkampfveranstaltungen am gleichen Tag. Marine Le Pen warb in Reims um die Gunst der Wählerinnen und Wähler, Éric Zemmour in Lille. In Umfragen liegen sie derzeit fast gleichauf.
Die rechte Politikerin Marine Le Pen und ihr rechtsextremer Konkurrent Eric Zemmour haben sich gut zwei Monate vor den französischen Präsidentschaftswahlen ein Fernduell geliefert. Die beiden Anwärter auf das Amt des Staatschefs traten in Nordfrankreich jeweils vor Tausenden Anhängern auf und schworen sie auf die entscheidende Phase des Wahlkampfs ein.
Der mehrfach wegen rassistischer Äußerungen verurteilte Publizist Zemmour wetterte in seiner Rede in Lille gegen den angeblich von Frankreich finanzierten "großen Bevölkerungsaustausch" mit einer massiven Islamisierung des Landes. Als Beispiel nannte er die nordfranzösische Stadt Roubaix, die er als ein "Afghanistan zwei Stunden entfernt von Paris" bezeichnete. Frankreich verschwinde unter den erschrockenen Augen der Franzosen, sagte der Rechtsextremist.
Eric Zemmour steht noch am Anfang seiner politischen Karriere, aber er stellt für Le Pen inzwischen eine echte Konkurrenz dar.
Als Präsident werde er Sozialleistungen für Ausländer abschaffen, nur noch wenigen Dutzend Menschen pro Jahr Asyl gewähren und auf diese Weise auch die Kaufkraft der Franzosen stärken. In Lille protestierten nach Angaben der zuständigen Präfektur rund 1100 Menschen gegen den Auftritt Zemmours.
Beide wettern gegen Einwanderung
Ähnliche Töne schlug Le Pen in ihrer Rede in Reims an: Sie wolle die Franzosen gegen die "Einwanderungs-Überflutung" beschützen. Die unkontrollierte Einwanderung verwandele Teile des Landes in "Nicht-Frankreich-Zonen". Präsident Emmanuel Macron habe das Land finanziell heruntergewirtschaftet, zur Spaltung der Gesellschaft beigetragen und sei arrogant und deprimierend.
Die beiden Wahlkampffauftritte zur gleichen Zeit in Nordfrankreich sind kein Zufall, sondern ganz klar Konkurrenzveranstaltungen. Zemmour zielt darauf ab, Le Pen zu schwächen. Und tatsächlich könnte er ihr bei der Wahl gefährlich werden. Er warb schon mehrere Köpfe ihrer Partei Rassemblement National ab und buhlt um ähnliche Wählerschichten.
In Reims hielt Le Pen ihr erstes großes Wahlkampfmeeting ab. Hier ist ihre Stammwählerschaft besonders groß.
Le Pens Versuch der Abgrenzung
Le Pen hat inzwischen ihren Ton und auch ihr Wahlprogramm etwas entschärft, um auch für traditionell konservative Französinnen und Franzosen wählbar zu sein. Zemmour dagegen gibt sich provokant mit scharfer Rhetorik. Die Rassemblement National-Vorsitzende wirft ihm vor, damit das Land zu spalten und versucht, sich abzugrenzen: "Eric Zemmour ist ein Ideologe. Ihm sind die Ideen wichtiger als die Menschen. Er versucht das wichtige Thema Immigration zu einem Kreuzzug zu machen. Zu einer Art Religionskrieg, an dem ich mich nicht beteiligen will". Viele ihrer bisherigen Anhänger fühlen sich aber genau von dieser provokanten Kreuzzug-Rhetorik angezogen.
Le Pens eigene Nichte und rechte Ikone, Marion Maréchal, spielte öffentlich mit dem Gedanken, sich Zemmour und seiner neugegründeten Partei Reconquête! anzuschließen. Und selbst ihr Kampagnen-Leiter Nicolas Bay mochte sich zuletzt nicht darauf festlegen, in vier Wochen noch Teil von Le Pens Team zu sein.
Eine Umfrage sah Zemmour am Samstag gleichauf mit Le Pen bei 14 Prozent der Stimmen, knapp hinter der Konservativen Valérie Pécresse.
Mit Informationen von Julia Borutta, ARD-Studio Paris