Frachter mit explosiver Ladung Keiner will die "Ruby" aufnehmen
Ein Schiff sorgt für Aufregung in Nordeuropa: Die "Ruby" hat hochexplosives Ammoniumnitrat geladen. Es lief erst auf Grund, jetzt wird es abgeschleppt - aber kein Hafen will es aufnehmen.
Die "General Cargo Ruby" ist ein 183 Meter langes Frachtschiff und fährt unter maltesischer Flagge. Ein zwölf Jahre alter Frachter, der gerade den Norden Europas in Atem hält. Und das kam so: Am 22. August wurde die "Ruby" in einem Hafen in der Region Murmansk beladen, und zwar mit 20.000 Tonnen Ammoniumnitrat, einem hochexplosiven Material zur Herstellung von Düngemittel. Kurz nach der Beladung lief das Schiff jedoch auf Grund. Laut einem norwegischen Unfallbericht, der dem ARD-Studio Stockholm vorliegt, passierte das nur wenige Stunden nach Beladung.
Die "Ruby" konnte zunächst weiterfahren und wurde in Norwegen als beschädigt registriert, berichtet Dag Inge Aarhus von der zuständigen Schifffahrtsbehörde. "Die Reederei hat uns mitgeteilt, dass es Schäden am Rumpf und am Schiffspropeller gibt und dass ein bisschen Wasser eingedrungen ist."
In der nordnorwegischen Stadt Tromsö durfte das Schiff nicht bleiben. Viel zu gefährlich sei das für die Stadt gewesen, sagt Aarhus: "Das Schiff sollte repariert werden, aber das geht nicht so nah an der Stadt. Die Ladung ist ungefährlich, solange sie einfach da liegt. Aber durch äußere Einflüsse wie Arbeiten am Schiff kann - wie bei Öl oder Gas - ein ziemlich großes Risiko bestehen."
Böse Erinnerungen an die Explosion von Beirut
Wie groß, das zeigt die Katastrophe von Beirut 2020. Hier war ein Lager mit Ammoniumnitrat im Hafen explodiert. Mehr als 100 Menschen starben, Tausende wurden verletzt. Ein großes Gebiet rund um den Hafen wurde zerstört. In dem Silo in Beirut lagerte allerdings gerade einmal ein Siebtel der Menge, mit der die "Ruby" gerade durch die Gewässer Nordeuropas fährt.
Laut Livetrackern im Internet befindet sich das maltesische Containerschiff inzwischen in Südnorwegen mit Kurs auf Litauen - ein maltesischer Schlepper immer vorneweg. Doch die Litauer wollen die "Ruby" unter keinen Umständen entgegennehmen. Sogar die Ministerpräsidentin Ingrida Simonyte hat sich schon geäußert. "Das Schiff wird bei uns nicht in den Hafen laufen", sagte sie unmissverständlich.
Zu viel Tiefgang für den Öresund
Doch ohnehin weiß niemand so richtig, ob Litauen am Ende auch wirklich das Ziel sein wird - niemand, bis auf die maltesischen Behörden, die als Flaggenstaat zwar für die "Ruby" verantwortlich sind, sich aber noch nicht geäußert haben, wie es weitergehen soll. Laut internationalem Seerecht müssen Häfen Schiffe nicht annehmen, wenn sie Sicherheitsbedenken haben. Auf Nachfrage des ARD-Studios Stockholm teilte die schwedische Küstenwache zudem mit, die "Ruby" habe zu viel Tiefgang, um den Öresund - den Eingang zur Ostsee - passieren zu können.
Fest steht bisher nur: Verschiedene Behörden und auch die Marine von Norwegen, Schweden und Dänemark stehen bereits in einem Austausch miteinander. Bislang sprechen alle von Routinen; doch wohin dieses Schiff nun fährt beziehungsweise geschleppt wird, wird sich erst in den kommenden Tagen zeigen. Laut Tracker-Seiten im Internet befand sich die "Ruby" am Freitagnachmittag ganz im Süden Norwegens.