Faeser an EU-Außengrenze Wo Reform auf Realität trifft
Vergangene Woche hatte sich die EU auf schärfere Asylregeln geeinigt - vor allem mit Blick auf die EU-Außengrenzen. Nun war Innenministerin Faeser vor Ort an der türkisch-bulgarischen Grenze und machte sich selbst ein Bild davon.
Rund drei Meter hoch der Zaun, Stacheldraht oben drauf, Kameras zeigen in Richtung Türkei. Abweisend sieht Europas Grenze hier aus, zwischen Bulgarien und der Türkei. Mit Video und Wärmebild werde geschaut, ob sich Migranten der Grenze nähern, um dann eine Streife zu informieren, erklärt Lars Gerdes, Vize-Exekutivdirektor von Frontex: "Häufig ist es so, dass die Leute gar nicht erst das Staatsgebiet betreten, wenn sie eine Streife sehen, sondern auf türkischer Seite wieder verschwinden."
Gerdes steht auf dem staubigen Feldweg vor dem Zaun, zusammen mit der deutschen Innenministerin. Nancy Faeser will wissen, wie die Arbeit hier vor Ort funktioniert, sie will die Grenze besser verstehen. Es gehe darum, schnell zu sein, erklären auch die bulgarischen Grenzschützer. Damit die Menschen erst gar nicht bis an den Zaun kommen, Decken über den Stacheldraht werfen und mit Leitern hinüberklettern, oder ein Loch graben, um drunter hindurch zu kriechen.
Schnellverfahren an den EU-Außengrenzen
Fünf Tage ist es bei Faesers Besuch her, dass das europäische Parlament für schärfere EU-Asylregeln gestimmt hat. Lange haben sie darum gerungen, auch Faeser hat sich dafür eingesetzt. Nun sollen Menschen mit schlechten Chancen auf Asyl ein Schnellverfahren durchlaufen, unter haftähnlichen Bedingungen in streng kontrollierten Lagern an den EU-Außengrenzen - wie hier in Bulgarien.
Deshalb ist Faeser nun vor Ort, für sie ist klar: "Offene Grenzen im Inneren kann es nur geben mit einem starken Schutz der EU-Außengrenzen." Mit dem neuen Asylsystem werde eine tiefe Spaltung Europas überwunden. Das System soll dabei laut Faeser nicht nur Migration steuern, sondern gleichzeitig auch die humanitären Standards für Geflüchtete schützen.
Zahlen gingen bisher deutlich zurück
Der bulgarische Innenminister Kalin Stoyanov ist am Grenzübergang Kapitan Andreewo auch dabei. "Die Zahlen sprechen für uns", sagt er. "Die illegale Migration ist wesentlich zurückgegangen." Bisher habe es in diesem Jahr 7.000 Versuche gegeben, illegal die Grenze zu überschreiten. Im gleichen Zeitraum des vergangenen Jahres seien es 27.000 gewesen.
Den bulgarischen Grenzern wird von Menschenrechtsorganisationen allerdings vorgeworfen, Geflüchtete teils illegal zurückzuweisen und durchaus robust mit ihnen umzugehen. Das weist Bulgariens Innenminister zurück: "Wenn solche Fälle vorkommen, sind das nur vereinzelte, isolierte Fälle und es wird sofort ermittelt. Unser Ziel ist, solche Phänomene komplett zu eliminieren und die Beamten, die sich so etwas zu Schulden kommen lassen, zu bestrafen."
Beim neuen europäischen Asylsystem kommt Bulgarien laut Faeser eine große Verantwortung zu, schließlich sei die bulgarisch-türkische Grenze eine der meist-frequentierten. Spätestens in zwei Jahren soll das neue System umgesetzt sein, allerdings hofft Faeser auf einen strafferen Zeitplan. Ende des Monats würden die EU-Staaten in Gent über die konkrete Umsetzung reden, ein Pilotprojekt sei bereits in Planung: "Das wird sehr viel schneller Wirkung entfalten", so die Ministerin.