Streit um Rechtsstaatlichkeit EU legt Milliardenhilfen für Ungarn auf Eis
Bereits Mitte des Monats hat die EU eine Milliardensumme für Ungarn eingefroren. Jetzt stehen für das Land insgesamt 22 Milliarden Euro auf dem Spiel. Nur gegen Reformen besteht noch die Chance auf die Auszahlung.
Im Streit um die Einhaltung rechtsstaatlicher Grundsätze macht die EU-Kommission gegenüber Ungarn ernst. Die Behörde kündigte an, sämtliche Gelder aus dem sogenannten Kohäsionsfonds, die Ungarn in den kommenden Jahren erhalten soll, vorerst einzufrieren.
Dabei geht es um insgesamt 22 Milliarden Euro. Mit den Geldern aus dem Fonds soll die Angleichung der Lebensverhältnisse in den EU-Mitgliedsstaaten gefördert werden. Die Finanzmittel sollten ursprünglich im Zeitraum von 2023 bis 2027 an Ungarn ausgezahlt werden.
Fehlende Freiheit für Justiz und Diskriminierung
Die EU-Kommission prangert bereits seit Jahren Verstöße Ungarns gegen rechtsstaatliche Prinzipien an, etwa bei der Unabhängigkeit der Justiz, der Freiheit der Wissenschaft sowie beim Asylrecht. Auch das sogenannte Kinderschutzgesetz, das die Darstellung von Homo- und Transsexualität verbietet, sei nicht mit der europäischen Grundrechtecharta zu vereinbaren. Wie die zuständige EU-Kommissarin Elisa Ferreira betonte, könnten die Finanzhilfen aus dem Köhasionsfonds nur dann Wirkung zeigen, "wenn der institutionelle und rechtliche Rahmen stimmt und sie im Einklang mit den Regeln und Werten der EU durchgeführt werden".
Der grüne Europaabgeordnete Daniel Freund sprach von einem "Paukenschlag". Angesichts des autoritären Kurses der ungarischen Regierung unter Viktor Orban sowie der systematischen Verstöße gegen Grundrechte, Rechtsstaat und demokratische Prinzipien sei es absolut richtig, europäisches Geld in diesem Umfang zu sperren.
Erste Gelder bereits Mitte Dezember eingefroren
Erst vor rund eineinhalb Wochen hatte eine Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten dafür gestimmt, einen Teil der Mittel aus dem Kohäsionsfonds auf Eis zu legen - die Länder einigten sich auf eine Summe von 6,3 Milliarden Euro. Auch Deutschland hatte für den Auszahlungsstopp gestimmt.
Hinzu kamen weitere 5,8 Milliarden Euro, die aus dem Corona-Wiederaufbaufonds der EU an Ungarn fließen sollten und ebenso eingefroren wurden.
Zahlreiche Reformen gefordert
Um die EU-Gelder doch noch erhalten zu können, muss Ungarn nun einen Katalog an von der EU-Kommission gestellten Anforderungen erfüllen. 27 Punkte umfasst dieser Plan. EU-Sozialkommissar Nicolas Schmit betonte die Bereitschaft der EU, "eng mit dem Land zusammenarbeiten" zu wollen, "um sicherzustellen, dass die Menschen in Ungarn in den Genuss dieser wichtigen Hilfe durch die EU kommen, bei gleichzeitiger umfassender Achtung der EU-Grundrechtecharta".
Die ungarische Regierung braucht die finanzielle Untertsützung aus der EU: Die Inflation liegt derzeit bei 26 Prozent. Zudem kämpft Ungarn mit einer wachsenden Staatsverschuldung und einer gleichzeitig immer schwächer werdenden Landeswährung.