Selenskyj auf EPG-Gipfel in Granada "Russland lernt aus seinen Fehlern"
Mit dramatischen Worten hat Ukraines Präsident Selenskyj in Granada die Europäer zur Einheit im Kampf gegen die russische Aggression aufgerufen. Am Rande des Gipfels kündigte die EU an, ihre Armenien-Hilfe auszuweiten.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat vor einem Waffenstillstand und einem Einfrieren des Konflikts in seinem Land gewarnt. Wenn Russland jetzt eine Pause bekomme, dann werde es bereits 2028 sein bisher durch den Krieg verbrauchtes militärisches Potenzial wiedererlangt haben, sagte Selenskyj in Granada beim Gipfeltreffen der neuen Europäischen Politischen Gemeinschaft (EPG). In seinem Expansionsdrang werde der Angreifer Russland dann "stark genug sein, andere Länder anzugreifen".
"Gefährlichster Feind"
Besondere Gefahr sieht Selenskyj demnach vor allem für die baltischen Staaten, die ebenfalls einst Teil der Sowjetunion waren. "Russland versucht, die Lage einzufrieren und sich anzupassen. Es lernt aus seinen Fehlern und bereitet sich darauf vor, sich weiter vorwärts zu bewegen", sagte Selenskyj und berief sich dabei auf Angaben von Geheimdiensten. "Der gefährlichste Feind ist jener, der seine Schlussfolgerungen gezogen hat, um sich auf den nächsten Angriff vorzubereiten." Moskau strebe nach imperialem Einfluss, um eine freie Entwicklung demokratischer Staaten in Europa zu verhindern und die Einheit auf dem Kontinent zu brechen.
Selenskyj verwies darauf, dass Moskau seit Jahren versuche, mithilfe von Kriegen und eingefrorenen Konflikten seine Kontrolle über Nachbarstaaten zu erhalten. "Russland hat Moldau geschadet, versuchte Georgien zu zerstören und zu teilen und andere Gebiete des Kaukasus' zu destabilisieren", sagte er weiter. 2008 hatte Georgien bei einem Krieg mit Russland die Kontrolle über seine Regionen Abchasien und Südossetien verloren.
"Russland kann nur durch Niederlage unschädlich gemacht werden"
Selenskyj rief zur Einheit der Europäer im Kampf gegen die russische Aggression auf. Russland könne nur durch eine Niederlage in seinem Angriffskrieg unschädlich gemacht werden. Die Ukraine sei dazu alleine nicht in der Lage und deshalb auf Hilfe und Sicherheitsgarantien angewiesen, sagte Selenskyj. Mit Blick auf den "politischen Sturm" in den USA appellierte er an die Europäer, sich "auf ihre eigenen Stärken" zu besinnen und der Ukraine weiter zu helfen. Er zeigte sich zuversichtlich, dass auch die USA - bisher die größten Unterstützer Kiews - ihre Hilfe künftig fortsetzen.
EU will Armenien-Hilfe verdoppeln
Am Randes des Gipfels in Granada wurde bekannt, dass die EU ihre humanitäre Hilfe für Armenien verdoppeln will. Zusätzlich zu den schon gewährten 5,2 Millionen Euro sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen weitere 5,25 Millionen Euro zu. Zugleich versprach sie dem Kaukasusstaat Unterstützung beim Infrastruktur-Ausbau. Ein entsprechender Wirtschafts- und Investitionsplan sehe Investments im Gesamtumfang von bis zu 2,6 Milliarden Euro vor.
Anlass sind die Rückeroberung Bergkarabachs durch Aserbaidschan und die Flucht von mehr als 100.000 ethnischen Armeniern aus der völkerrechtlich zu Aserbaidschan gehörenden Region. Auf Initiative der EU sollte anlässlich des Gipfels der Europäischen Politischen Gemeinschaft ein Treffen zwischen Aserbaidschans Präsident Ilcham Alijew und dem armenischen Regierungschef Nikol Paschinjan stattfinden. Alijew entschied sich laut aserbaidschanischen Medien aber gegen eine Teilnahme.
Es ist das dritte Treffen der EPG, zu der neben den 27 EU-Staaten auch andere europäische Länder wie Großbritannien, die Ukraine oder die Türkei gehören.