EU-Außenministertreffen in Kiew Mehr als reine Symbolik
Europa steht geschlossen zur Ukraine - dieses Signal soll von dem Besuch der EU-Außenminister in Kiew ausgehen. Auch konkrete Punkte wie Sicherheitsgarantien und die Zusammenarbeit in der Verteidigungsindustrie wurden besprochen.
Trommelwirbel für die Männer und Frauen, die seit 2014 im Krieg gefallen sind, den Russland zunächst im Osten der Ukraine angezettelt hat: Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell steht gemeinsam mit dem ukrainischen Außenminister Dmytro Kuleba vor der langen Namenswand im Zentrum von Kiew. Darauf zu sehen sind zahllose Fotos von Getöteten - darunter auch Freiwillige aus Belarus.
Zeichen der Solidarität
Einige Stunden später stehen die beiden wieder nebeneinander, dieses Mal bei der Abschluss-Pressekonferenz in Kiew. Das Treffen der EU-Außenministerinnen und -Außenminister sei ein wichtiges Zeichen der Solidarität, die seit Langem andauere, so Borrell. Sicherheitsfragen seien ein zentraler Teil der Diskussion gewesen und auch im Gespräch mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Außenminister Dmytro Kuleba.
Wir haben über Sicherheitsgarantien gesprochen, die wir der Ukraine bieten können und wie wir die Ukraine langfristig unterstützen können, damit sie gegen die Aggression und die Destabilisierung durch Russland bestehen kann.
Es gebe hier viele Aspekte, erklärt Borrell weiter - beispielsweise den miltärischen. Und: Die EU-Mitgliedsstaaten müssten sich auf eine mehrjährige finanzielle Rahmenunterstützung einigen. In den kommenden Monaten würden weitere 40.000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten ausgebildet werden - auch an modernen Kampfjets, so Borell.
Zudem sollen die ukrainische und die europäische Verteidigungsindustrie enger zusammenarbeiten. Vergangene Woche sei auf einer Konferenz in Kiew ein erster wichtiger Schritt in diese Richtung gemacht worden, erklärte Borrell.
Kuleba: EU-Beitrittsverhandlungen bis Jahresende
Auch Außenminister Kuleba sah in dem informellen Treffen weit mehr als reine Symbolik und damit ein Signal an Russland, dass die Ukraine und ihre Partner einig seien, während Moskau weiter das Narrativ der Spaltung verbreite.
Zudem stand der von der Ukraine anvisierte EU-Beitritt auf der Agenda des Treffens. Kiew ist EU-Beitrittskandidat und rechnet laut Kuleba bis Jahresende mit dem Beginn von Beitrittsverhandlungen. Der ukrainische Minister unterstrich dabei immer immer wieder die Einigkeit und Verbundenheit mit der EU.
"Egal, welche Situationen auftreten, wir finden immer eine Lösung."
Putins größte Erwartung sei gerade, "dass der Westen und die Welt es müde werden, in diesem Krieg auf der Seite der Ukraine zu stehen", ergänzte Kuleba. Russland stelle hierfür enorme Ressourcen bereit.
Baerbock: Treffen Signal an Moskau
Auch für die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock war das Treffen in Kiew ein unmissverständliches Signal an Moskau. Es sei auch in der Ukraine schon merklich kühl, unterstrich sie bei ihrem zweiten Kiew-Besuch innerhalb weniger Wochen. Sie forderte einen sogenannten Winter-Schutzschirm für die Ukraine. Dieser setze sich aus Luftverteidigung und dem Schutz kritischer Infrastruktur zusammen - aber auch aus mehr Generatoren und einer stärkeren Energieversorgung, so Baerbock.
Am Nachmittag ließ sich Baerbock die Gedenkstätte Babyn Jar zeigen. Deutsche Polizisten, SS und Wehrmachtsangehörige und ihre lokalen Helfer hatten dort Ende September 1941 rund 33.000 Jüdinnen und Juden in nur zwei Tagen ermordet. Insgesamt wurden mindestens 100.000 Menschen von den Deutschen während der Besatzung von Kiew auf dem Gelände von Babyn Jar umgebracht.
Rabbi Levi Matusof und Rabbi Raphael Rutman von der Föderation der jüdischen Gemeinden in der Ukraine stehen mit Annalena Baerbock an der Gedenkstätte.
Darunter waren Angehörige der Roten Armee, Menschen mit psychischen Erkrankungen aus einer nahe gelegenen Psychiatrie und Angehörige der Roma in der Ukraine. Auch in der Ukraine war in Babyn Jar am vergangenen Wochenende an den deutschen Genozid gedacht worden.